die geistes- und sozialwissenschaften und das feuilleton. es ist 2017 geworden

zurück zur liste der #fall­beispiel

(sie sind hier in meinem zettelka­s­ten. th!nk)

immer wieder das gleiche spiel:

ein tweet kommt rein. von ein­er mir wichti­gen per­son. (heute also ein pro­fes­sor für #sozialar­beit auf dem sprung an eine pri­vatu­ni­ver­sität. heiko kleve. und — so scheint es — stellt er sich in die grosse tra­di­tion der trans­diszi­pli­nar­ität der ur-sozialar­beits-the­o­riemacherin­nen. zum beispiel: mary park­er-fol­let.) kurzum: für mich sich­er ein­er der wichtig­sten referenz-“punkte” ;-)

der tweet ist mit einem (unkom­men­tierten) link auf einen artikel im feuil­leton. was will uns das bedeuten? es ist schwierig — (NEIN: UNMöGLICH!) einzuschätzen, was das bedeutet. will sagen: mit den vier ohren kommst du auf social media nir­gends hin. auss­er du ver­langst, twit­ter sei als fort­set­zung des gle­ichen mit anderen mit­teln zu ver­ste­hen. mit dirk baeck­er müsste ich dann rufen: da definiert ein jemand social media aus der per­spek­tive von #buch­druck — und nicht aus der sicht von #com­put­er… etc. etc. aber weils grad so spass macht:

könnte schulz von thun helfen?

sach­in­halt:
mein kol­lege, der uni­ver­sität­spro­fes­sor bern­hard pörk­sen, hat in “der zeit” einen text pub­liziert.
beziehung:
(weiss nicht, wie dieser arspekt auf fb/twitter genutzt wer­den kön­nte, weil es mE in social media kein klares gegenüber beze­ich­net wer­den kön­nte, selb­st dann nicht, wenn zb in einem tweet ein account beze­ich­net wird! darum notiere ich diese hier unpassende bemerkung:) ich lege es auf twit­ter ab, weil auch pörsken bei carl-auer.de ein mit­glied des wis­senschaftlichen beirates ist) dass also pörsken gegen merve piekst ist reine liebe zur beleben­den konkur­renz gese­hen wer­den kann.
appel:
geh lesen! ref­eren­ziere dich! gib laut: wo stehst du? ich habe ger­ade diesen text gefun­den.

selb­stof­fen­barung:
ich lese die zeit. ich lese zeitung. das ist für mich eine ref­erenz. (keine ahnung für was. aber es ist eine.)

will wieder­holend sagen: “die vier ohren” von schulz von thun, helfen bei der inter­pre­ta­tion eines twit­ter tweets in kein­er weise. aber um so mehr bei der aus­for­mulierung eines werte- und entwick­lungsquadrates. (so?) “die vier ohren” des lehrers von pörk­sen, haben schon sehr früh in die irre geleit­et. wir müssen zurück zu paul wat­zlaw­ick. das war ein fre­und und inten­siv­er inspi­ra­tor von heinz von foer­ster. und umgekehrt. das büch­lein von pörk­sen — wahrheit ist die erfind­ung eines lügn­ers — ist ein gespräch mit grossväterchen heinz, natür­lich im carl-auer ver­lag erschienen, und hat bern­hard von 0 auf 100 kat­a­pul­tiert. in mein­er wahrnehmung. damals.

zurück zum tweet:

wir sehen schnell: der tweet von heiko ist von face­book gener­iert wor­den. er hat also gar nicht selb­st getwit­tert. es war ein automat. heiko hat dort einen satz aus dem text genom­men. das weist darauf hin, dass er den text tat­säch­lich gele­sen hat. der satz, welch­er im aufge­fall­en ist:

“Kann es sein, dass sich auch ein anti­au­toritär gemeintes Denken in ein­er selt­samen Dialek­tik in einen neuen Autori­taris­mus verkehrt?”

heiko bevorzugt face­book. face­book ist viel bess­er geeignet für die pflege ein­er eige­nen com­mu­ni­ty. es kön­nen län­gere sätze abge­set­zt wer­den. die gruppe ist geschlossen­er. die ange­hängten und gekop­pel­ten “dien­ste” zu andern sozial plat­ten for­men, dienen eher als zubringer.

wir wis­sen noch immer nicht, was heiko mit diesem ein­trag auf face­book wollte. sich­er ist: bei der int­pre­ta­tion müssen wir auch den ort, wo dieser abge­set­zt wurde, mit bedenken.

ein snapchat ist etwas anderes als ein tweet, als ein post auf face­book, als ein ein­trag im zettelka­s­ten, als ein text bei medi­um… und immer so weit­er. und wenn ich notiere: “etwas anderes”, dann meine ich damit nicht “etwas ähn­lich­es”. son­dern etwas anderes. NEIN: etwas anderes. OK?

warum genau dieser satz heiko kleve aufge­fall­en ist? naja. da hätte ich meine ver­mu­tung. kleve wech­selt an eine pri­vate uni­ver­sität, welche noch immer im umfeld der anthro­poso­phie getra­gen wird. zum span­nen­den (und ver­mut­lich zukun­ftsweisenden) finanzierungsmod­ell dieser uni­ver­sität: wikipedia / selb­st­darstel­lung studieren­denge­sellschaft.

wie kleve mit seinem radikal-lib­eralen (lib­ertären?) ansatz aus der #sozialar­beit, im umfeld witten/herdecke lan­det, das wird span­nend sein zu beobacht­en. aber er ist damit ja nicht allein ;-) der satz im einzel­nen: oder wie das kind mit dem bad den bach hin­unter geht und dem deck­el den boden auss­chlägt:

Kann es sein,
— es tut so, als wäre es eine frage, ein ver­dacht, eine ver­mu­tung…
— es will nicht behaupten…
— aber… ähm… du weisst schon… ;-)

dass sich auch ein anti­au­toritär gemeintes Denken
— ein sehr ele­gan­ter seit­en­hieb #1968kritik: sie mein­ten, es wäre anti­au­toritär gewe­sen (so?)
— (ich stimme dieser kri­tik freilich offen zu! würde es bloss nicht so voraus­set­zungsre­ich ver­steck­en ;-)

in ein­er selt­samen Dialek­tik
— die zeichen­kette “selt­sam” ver­weist auf: selb­stre­f­erenz, autopoiese, logis­che para­dox­ien
- dialek­tik ver­weist hier insb. auf hegel
- hegel — nicht zulet­zt dank slavoj zizek — feiert derzeit ein grandios­es revival (in gewis­sen kreisen ;-)))
— dass hegel im über­gang von #schrift auf #buch­druck gear­beit­et, gedacht, gefühlt, geschrieben hat, bleibt hier gän­zlich unre­flek­tiert…

in einen neuen Autori­taris­mus verkehrt?
— gek­lärt wer­den müsste, wer den jet­zt die autoren dieses autori­taris­mus sein kön­nten. der lead sug­geriert aber wohl nicht. der lead weiss es:

das feuilleton und die sozial- und geisteswissenschaften

dass dem feuil­leton nicht zu trauen ist, das ist hier in zürich seit 100 jahren — seit DADA! — eine selb­stver­ständlichkeit. eigentlich.

  • für einen wis­senschafter, ist das buch heilig, wie dem priester die heilige schrift.
  • für den wis­senschafter ist ein text im feuil­leton was das inser­at daneben für den unternehmer.
  • wenn der jour­nal­ist seinem ver­leger the­senjour­nal­is­mus vorschlägt, ist es klar warum. darum.
  • und immer so weit­er. darum hat peter slo­ter­dijk weit­er­hin recht.
  • die bere­itwillige, offen­sive, engagierte zusam­me­nar­beit zwis­chen jour­nal­is­mus in massen­me­di­en mit “öffentlichen intellek­tuellen” müsste — wenig­stens unter deutschsprachi­gen wis­senschafter — erin­nerun­gen weck­en. und wenn dann noch klar würde, dass nicht sel­ten in den tex­ten der sozial­wis­senschafter mit erin­nerun­gen an die 1930er jahre (dro­hend?) erin­nert wird… also… eieiei… :-/ zumal es ja 2017 ist. und laut von #dig­i­tal­isierung und #dis­rup­tion die rede geht… und dann dabei noch auf heinz von foer­ster ver­wiesen wird… wow… dann… also…

WORK IN PROGRESS

relaod (stand: 17:29h 7.2.17)

original

es nervt… darum höre ich hier auf. nicht ohne…

pörsken hat 5 argu­mente und 3 hin­sicht­en ge/er/funden? die will ich noch suchen…

5 argumente

Es sind immer diesel­ben fünf Beweis-Zitate, die man zu lesen bekommt.” (seine “immer dies­sel­ben fünf” hat pörk­sen nicht durch­num­miert… ich ver­suchs doch mal:

  1. Indem Post­mod­ernisten den wis­senschaftlichen Objek­tiv­ität­sanspruch unter­minierten”, so hieß es im Sci­en­tif­ic Amer­i­can, “haben sie unwissentlich die philosophis­che Grund­lage für die Wiederkehr des Autori­taris­mus gelegt.
  2. Don­ald Trump gilt den erbosten Kom­men­ta­toren als “iro­nis­che, selb­stre­f­eren­zielle Verkör­pe­rung des post­mod­er­nen Wahrheit­skonzeptes” (Wash­ing­ton Post).
  3. Sein Wahlsieg und seine Beschwörung soge­nan­nter “alter­na­tiv­er Fak­ten”, so heißt es in Blät­tern und Blogs rund um die Welt, seien nur möglich gewe­sen, weil man die Ori­en­tierung an Gewis­sheit ohne­hin diskred­i­tiert und auch Jour­nal­is­ten ein­gere­det habe, Objek­tiv­ität sei eine Art Mythos für Fanatik­er.
  4. Schrift­steller wie Peter Pomer­ant­sev (Noth­ing Is True and Every­thing Is Pos­si­ble) und Boris Schu­matsky (Der neue Unter­tan. Pop­ulis­mus, Post­mod­erne, Putin) argu­men­tieren ähn­lich. Aber sie nen­nen eine andere Angst­fig­ur der Welt­poli­tik: Sie beschreiben in ihren aktuellen Essay­büch­ern Wladimir Putin als gelehri­gen Schüler ein­er von nack­ten Macht­in­ter­essen geleit­eten Sim­u­la­tion­s­maschiner­ie. Sie porträtieren einen Mann, der sich bei all den Lügen über die Annex­ion der Krim, den Abschuss von MH17 oder die Bom­bardierung von Alep­po an der frei­händig über­set­zten Niet­zsche-Maxime eines ent­fes­sel­ten Kon­struk­tivis­mus ori­en­tiert habe, ganz nach dem Mot­to: Es gibt keine Tat­sachen, nur effek­tive Inter­pre­ta­tio­nen!
  5. Der ital­ienis­che Philosoph Mau­r­izio Fer­raris verdächtigt hinge­gen vor allem Sil­vio Berlus­coni als post­mod­er­nen Illu­sion­skün­stler. In seinem Man­i­fest des neuen Real­is­mus – gle­ich­sam der erste Akt des kleinen, fiesen The­ater­stücks über die poli­tis­chen Kol­lat­er­alschä­den des falschen Denkens – for­muliert er schon 2012 den sei­ther weltweit zitierten Satz: “Das, wovon die Post­mod­er­nen geträumt haben, haben die Pop­ulis­ten ver­wirk­licht.

tat­säch­lich… der ganze absatz lässt sich naht­los in 5 “beweisz­i­tate” zer­stück­eln… ich färbe die zitate mal orange ein… danach kommt dieser näch­ste ärg­er­liche absatz:

Natür­lich, nie­mand, der solche Schock-Diag­nosen kom­men­tiert, ist neu­tral. Und ich selb­st bin es gewiss nicht. Denn vor 20 Jahren schrieb ich auf dem Weg in die akademis­che Welt mit dem Kyber­netik­er Heinz von Foer­ster, einem der Begrün­der des Kon­struk­tivis­mus, mein erstes kleines Buch. Es trägt den Titel Wahrheit ist die Erfind­ung eines Lügn­ers. Foer­ster war, wie viele Pro­tag­o­nis­ten des Kon­struk­tivis­mus und der Post­mod­erne, durch­drun­gen von dem Wun­sch, das Denken gegen den Dog­ma­tismus zu impfen. Er hat­te die NS-Zeit als soge­nan­nter Vierteljude über­lebt und schuf auf eine im Inneren erschüt­terte Weise eine Philoso­phie des fröh­lichen Auf­bruchs, eine heit­ere, ele­gante Anleitung zum Ander­s­denken, die ein ide­ol­o­gis­ches, ger­ade noch lebens­ge­fährlich­es Wahrheit­skonzept pul­verisieren sollte. Sein Kon­struk­tivis­mus war als Kor­rek­tiv gedacht, als eine Medi­zin gegen die Erstar­rung, nicht als neues Glaubens­beken­nt­nis für akademis­che Sek­tier­er oder gar als Rezept für pop­ulis­tis­che Dem­a­gogen. Und doch darf man natür­lich fra­gen: Kann es sein, dass sich auch ein anti­au­toritär gemeintes Denken in ein­er selt­samen Dialek­tik in einen neuen Autori­taris­mus verkehrt? Und wann wird selb­st eine heit­ere Skep­sis zur düster-destruk­tiv­en Demon­tage descom­mon ground, den eine Gesellschaft braucht? Wie ließe sich dies zeigen?

was mich hier “ärg­ert” (und ärg­er ver­ste­he ich als indika­tor, dass es für mich sehr inter­es­sant ist… aus noch zu klären­den grün­den!) ich will es rot ein­fär­ben! wo ich ein­ver­standen bin: grün. — pörsken nutzt den ganzen unbeschw­erten schwung von heinz von förster, sich selb­st zu insze­nieren und ver­dreht dann das ganze engage­ment von grossväterchen heinz für — “Es ist ein kleines, fieses The­ater­stück” … natür­lich darf er fra­gen… natür­lich… fra­gen… präzis das tut poersken “natür­lich” nicht. er unter­stellt. er ver­dreht. er stellt die fra­gen so, dass… ja… wie eigentlich… wie liesse es sich zeigen… ich merke bloss: es kotzt in mir. ich bräuchte drin­gend #NoRa­dioShow

3 hinsichten

Aber die laufende Debat­te ist eben doch min­destens in dreifach­er Hin­sicht brisant.

  1. Zum einen dreht sie sich let­ztlich um die äußerst rel­e­vante Frage, ob es eine Erken­nt­nis­the­o­rie des Wider­stands geben kön­nte. Wie bricht man die Macht der Bru­ta­lo- und Non­sens-Nar­ra­tive und reagiert auf Dem­a­gogie, Pro­pa­gan­da, Medi­en­pop­ulis­mus? Was lässt sich – aus der Per­spek­tive ein­er gesellschaftlich engagierten Wis­senschaft – tun gegen die Schwächung des Argu­ments und die Umw­er­tung der Werte? Das ist das eigentlich bedeut­same Anliegen, das einen Mau­r­izio Fer­raris und seine Anhänger umtreibt, wenn sie für seinen Neuen Real­is­mus und ein “starkes”, an Tat­sachen ori­en­tiertes Denken als “Gegen­macht” zu einem alles zer­set­zen­den Zweifel wer­ben. Und tat­säch­lich, darüber lohnt es sich zu stre­it­en.
  2. Zum anderen zeigt sich in den aktuellen The­o­rieen­twür­fen der Geistes- und Sozial­wis­senschaften ins­ge­samt eine neue Sehn­sucht nach Verbindlichkeit, Ori­en­tierung, Gewis­sheit. Die Renais­sance des Real­is­mus ist, so gese­hen, ein Symp­tom.
  3. Und schließlich: Das post­mod­erne Denken ist tat­säch­lich zu mächtig gewor­den – nur eben nicht im Weißen Haus, im Kreml oder in den Bling-Bling-Fernsehshows eines Berlus­coni, son­dern in den poli­tisch eher ein­flus­slosen Sin­nprov­inzen geistes- und sozial­wis­senschaftlich­er Sem­i­nare. Hier ist die post­mod­erne Philoso­phie des anti­au­toritären Auf­bruchs längst zur neuen Autorität mutiert. Hier liest man, dass eigentlich so ziem­lich alles eine Kon­struk­tion ist, wie Michael Hampe im Feuil­leton dieser Zeitung (Nr. 52/16) dar­legte. Hier dro­ht die Erstar­rung des Denkens in Gestalt sek­tiererisch anmu­ten­der, kraft­los dahinge­murmelter, end­los wieder­holter Glaubens­beken­nt­nisse, die da heißen: “Es gibt keine Wahrheit”; “Objek­tiv­ität ist ein Mythos”; “Wir erfind­en die Wirk­lichkeit”.

abschluss/fazit/fragen

es ärg­ert mich also viel an diesem text.

  1. der ort der ablage. das massen­medi­um zeitung. das mit­spie­len eines sozial- und geis­teswis­senschafters in der gener­ierung von aufmerk­samkeit­sökonomie
  2. dieses “so tun als ob”… dif­feren­ziert tun, und doch bloss ein­heizen bei der #hex­en­jagd (pörk­sen benutzt ja dieses sprach­bild. im ersten satz. und weit­er unten noch ein­mal.)
  3. das sich auf­spie­len, als wirkungsmächtig mit seinem inter­view­band… aber noch viel mehr:
  4. die arbeit von heinz von förster in den aktuellen kon­text zu ver­schieben. jede wette: paul wat­zlaw­ick oder heinz von förster wären die ersten gewe­sen, welche sich HEUTE gegen begrif­flichkeit­en von “lüge” und “wahrheit” einge­set­zt hät­ten. jedes hermeneutis­che ver­fahren stünde im wildesten wider­spruch zur arbeitsweise von bern­hard pörsken in diesem text für die zeit.
  5. paul wat­zlaw­ick und heinz von foer­ster haben in eine gän­zlich andere rich­tung gedacht… bern­hard pörk­sen instal­liert sich immer mehr — zu gun­sten sein­er akademis­chen kar­riere! — in einen ver­räter ihrer vorschläge… ich “glaube” das nervt mich… (so?)

zum vortrag: #PaulWatzlawick fh eisenstadt: 24.11.2016

zum original grossväterchen heinz von foerster


Ein Kommentar für “die geistes- und sozialwissenschaften und das feuilleton. es ist 2017 geworden

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