#PeterThiel über die Gefahr des blossen Durchwurstelns. (“muddle through”) Aprl 17, 2024 (Conversations with Tyler)

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die ganze playlist auf WikiDienstag.ch

dieses video habe über Peter Thiel habe ich mir noch nicht angeschaut. es geht hier um dieses:

habe #DearChat­G­PT gebeten, es auf deutsch zu über­set­zen. Die Tran­skrip­tion habe ich von hier bezo­gen. | vorher noch: wer ist Tyler Cowen?

Tyler Cowen: Hal­lo Peter. Danke, dass du das machst.

Peter Thiel: Hal­lo, Tyler.

Cowen: Der Titel dieses Gesprächs lautet “Poli­tis­che The­olo­gie”. Das war ein Begriff, der, glaube ich, erst­mals vom rus­sis­chen Anar­chis­ten Bakunin ver­wen­det wurde, um den ital­ienis­chen Nation­al­is­ten Mazz­i­ni zu verspot­ten. Der deutsche Recht­s­the­o­retik­er Carl Schmitt hat ihn dann aufge­grif­f­en und gesagt, es sei etwas, das jed­er braucht. Jed­er braucht eine poli­tis­che The­olo­gie. Was bedeutet der Begriff für dich?

Thiel: Nun, es ist ein etwas vager, bre­it­er Begriff. Aber vielle­icht, um ihn als Kon­trast zu motivieren: Ich denke, in der Spät­mod­erne leben wir oft in ein­er Welt der Hyper-Spezial­isierung, in der man nicht über das große Ganze nach­denken kann, und ich weiß nicht, es ist wie Adam Smiths Nadelfab­rik auf Steroiden.

Das ist unsere Welt, und ich denke, es gibt eine Möglichkeit, wie wir all diese ver­schiede­nen Facetten unseres Lebens inte­gri­eren müssen, um Fortschritte zu machen, und das ist es, was poli­tis­che Philoso­phie tut. Das ist es, was poli­tis­che The­olo­gie tut. Die Gründe, warum solche Dinge aufgegeben wur­den, denke ich, kön­nten darin liegen, dass die Aufk­lärung sie aufgegeben hat, weil es zu schw­er ist, das alles her­auszufind­en, oder weil es ein­fach eine törichte Unternehmung ist. Ich neige dazu, zu denken, dass der andere Grund darin liegt, dass es oft als zu gefährlich, zu spal­ter­isch ange­se­hen wurde. Man soll nicht über Reli­gion disku­tieren. Das haben wir 1648 mit dem West­fälis­chen Frieden gek­lärt. Wir wer­den ein­fach darüber hin­wegse­hen und nicht über diese Dinge sprechen.

Ich denke, das kön­nte ein vernün­ftiger Kom­pro­miss im 18. Jahrhun­dert gewe­sen sein. Mein­er Ansicht nach ist es im 21. Jahrhun­dert vielle­icht gefährlich­er, nicht darüber nachzu­denken, und es ist erneut gefährlich­er für uns, immer kleinere Zah­n­räder in ein­er immer größeren Mas­chine zu wer­den, alle in Adam Smiths Nadelfab­rik.

Die poli­tis­che Dimen­sion daran – um nur eine Sache dazu zu sagen – ist, dass es immer die Frage gibt, wenn wir ver­suchen, etwas über das Ganze her­auszufind­en, über unsere ganze Welt, ob man auf men­schlich­er Ebene begin­nt oder auf mikroskopis­ch­er, teleskopis­ch­er, atom­ar­er oder kos­mis­ch­er Ebene. Es gibt wahrschein­lich eine Möglichkeit, wie diese Dinge miteinan­der ver­bun­den sind, aber die Debat­te über poli­tis­che The­olo­gie und poli­tis­che Philoso­phie, unser Rah­men – ich denke, das war auch eine sokratis­che Idee – wir begin­nen mit ein­er Wende zum gesun­den Men­schen­ver­stand, zum men­schlichen, zur Welt um uns herum, zu Fra­gen über Poli­tik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kul­tur, und das ist eigentlich eine wichtige Möglichkeit, Zugang zu bekom­men.

Es gibt eine tiefe Verbindung zwis­chen der Uni­ver­sität und dem Uni­ver­sum. Es gibt eine tiefe Verbindung zwis­chen der scheit­ern­den Mul­ti­ver­sität und dem ver­rück­ten Mul­ti­ver­sum. Die poli­tis­che Ori­en­tierung, die ich habe, ist, dass du diese Dinge niemals lösen wirst. Du musst mit der Uni­ver­sität oder was auch immer anfan­gen, das schiefge­gan­gen ist, wenn du jemals das Uni­ver­sum ver­ste­hen willst, und es gibt eine Analo­gie dazu, die all diese Dinge motiviert.

Hier ist der näch­ste Teil der Über­set­zung:

Cowen: Nehmen wir an, ich ver­suche, deine poli­tis­che The­olo­gie zu ver­ste­hen. Ich erin­nere mich, dass du in einem kür­zlichen Vor­trag gesagt hast, du betra­cht­est dich als religiös, aber nicht spir­ituell. Das erscheint mir als ein ziem­lich calvin­is­tis­ch­er Stand­punkt. Wenn man die Prädes­ti­na­tion bei­seite lässt und den Calvin­is­mus als die Auf­fas­sung ansieht, dass wir nichts über den Him­mel wis­sen, dann ist es eine Anmaßung der men­schlichen Macht zu behaupten, man wisse etwas über den Him­mel – das ist mit dein­er Kri­tik an der Linken ver­wandt.

Die Vorstel­lung, dass wir nichts über den Him­mel wis­sen – das bedeutet auch, dass man nicht wirk­lich spir­ituell sein kann. Das ist eben­falls eine Art von Anmaßung. Ist der kon­se­quente Peter Thiel nicht eigentlich ein calvin­is­tis­ch­er Denker? Der Calvin­is­mus ist ziem­lich konkret. Er ist sehr ernst. Er nimmt Regierung und Autorität sehr wörtlich. Warum bist du nicht ein­fach ein Calvin­ist?

Thiel: Ich bin immer noch größ­ten­teils ein Lib­ertär­er, Tyler, und …

Cowen: [lacht] Aber du kannst bei­des sein.

Thiel: Ich denke, es gibt wahrschein­lich erlösende Dinge, die ich im Calvin­is­mus find­en kann. Er ist so anti-utopisch, dass er wahrschein­lich im Kampf gegen den Kom­mu­nis­mus hil­fre­ich ist, aber ich weiß nicht, ob das der einzige Weg ist, anti-kom­mu­nis­tisch zu sein. Wenn du den Fünf-Punk­te-Calvin­is­mus machst, dann sind das die totale Verderbtheit, die bedin­gungslose Erwäh­lung, die begren­zte Sühne, die unwider­stehliche Gnade, das Aushar­ren der Heili­gen. Ich weiß nicht, ob ich auch nur einem dieser fünf Dinge zus­tim­men würde.

Ich würde sagen, ein Girard­sch­er anthro­pol­o­gis­ch­er Rah­men besagt, dass es eine tiefe Verbindung zwis­chen Göt­tern und Sün­den­böck­en gibt, und wir haben diese Sün­den­böcke, die wir zu Göt­tern machen. Wir pro­jizieren unsere Gewalt auf sie, und das ist es, was archais­che Reli­gion tut. In gewiss­er Weise tut dies auch der athe­is­tis­che Lib­er­al­is­mus. Du gib­st allem die Schuld an Mr. God. Ist der Calvin­is­mus nicht nur eine extreme Form der Sün­den­bock­the­o­rie, bei der Mr. God alles getan hat, er hat alles bes­timmt? Er ist der Grund, warum du diese blaue Jacke trägst, und alles, was du falsch gemacht hast – das ist alles die Schuld von Mr. God.

Wir soll­ten zutief­st mis­strauisch gegenüber der Sün­den­bock­the­o­rie sein, die Mr. God für alles ver­ant­wortlich macht. Das ist ein anthro­pol­o­gis­ches Argu­ment gegen den Calvin­is­mus. Der intellek­tuelle Grund, warum ich kein Calvin­ist bin, ist, dass ich denke, wir soll­ten ver­suchen, die Welt zu ver­ste­hen. Wenn du so verderbt bist, dass du nicht ein­mal denken kannst, was, glaube ich, ein Kerngedanke des Calvin­is­mus ist, dann soll­ten wir über­haupt kein Gespräch führen. Wenn ich ein echter Calvin­ist wäre, kön­nten wir hier gar kein Gespräch führen.

Es gibt eine thomistis­che Unter­schei­dung zwis­chen Intellekt und Wille, und die Mit­te­lal­ter­lichen glaubten an die Macht des Intellek­ts und die Schwäche des Wil­lens. Die Mod­erne – in gewiss­er Weise hat sich das umgekehrt. Wenn du einen effek­tiv­en Altru­is­ten, einen Ratio­nal­is­ten aus der East Bay nimmst – diese Leute sind viel näher am Calvin­is­mus.

Sie behaupten, Ratio­nal­is­ten zu sein, aber wenn du in einem ratio­nal­is­tis­chen Bibel­studi­um-Äquiv­a­lent bist und das nach außen hin sicht­bare Ding ist, dass du ratio­nal bist und rein und denk­end, dann ist das nach innen gewandte Ding – es ist alles nur Spaghet­ti-Code. Du kannst nie wirk­lich recht haben. Vielle­icht kannst du ein wenig weniger Unrecht haben. Also, ich bin sowohl gegen Calvin­is­mus als auch gegen den soge­nan­nten Ratio­nal­is­mus.

Cowen: Hier ist das Rät­sel, vor dem ich ste­he. Nehmen wir all das zum Nen­nwert. Warum ist es, dass du nicht ein­fach in den Katholizis­mus oder die Ostkirche abrutschst, wo es den Glauben an den freien Willen gibt? Es gibt dort einen Mit­tel­weg. Warum ist deine Mit­tel­po­si­tion sta­bil? Du kön­ntest entwed­er katholisch sein oder, meinetwe­gen, Mor­mone, wo es viel Raum für den freien Willen gibt, oder?

Thiel: Nun, wieder ein­mal, es sind sicher­lich nicht alle Alter­na­tiv­en. Es ist immer ein biss­chen ein bil­liger Trick. Mein zweifach­es Gege­nar­gu­ment zum römis­chen Katholizis­mus ist Papst Franziskus.

Ich bin als Luther­an­er aufgewach­sen. Es gibt wahrschein­lich all diese Dinge, die bei Luther prob­lema­tisch sind; es gibt Dinge, die gut an ihm waren. Aber ich denke, der Teil davon, wenn wir ihn nach den Maßstäben des 16. Jahrhun­derts beurteilen, ist, dass die Ref­or­ma­tion von außen kom­men musste. Es war eigentlich nicht möglich, dass sie von innen begann.

Es gibt eine Art, wie das lutherische Stück – es war die weniger glob­al zen­tral­isierte Kirche. Es sollte eine weniger zen­tral­isierte Kirche sein, und es gibt wahrschein­lich immer noch einen Teil des protes­tantis­chen poli­tis­chen Pro­jek­ts, das mehr mit ein­er lib­ertären Ansicht übere­in­stimmt.

Cowen: Was hast du aus der hebräis­chen Bibel oder man kön­nte sagen, dem Alten Tes­ta­ment, in dein eigenes poli­tis­ches Denken über­nom­men?

Thiel: Nun, ich denke, meine Ansicht­en dazu sind ziem­lich ortho­dox christlich, dass es eine gewisse Kon­ti­nu­ität zwis­chen dem Alten und dem Neuen gibt. Es gibt ein Gefühl – es ist schw­er zu definieren – wo vielle­icht der christliche Gott der ursprüngliche Fortschrit­tliche ist, wo das Neue bess­er ist als das Alte. Ich denke, es ist das erste Mal, dass das Neue ein­fach bess­er ist als das Alte, allein auf­grund sein­er Neuheit. Aber wenn du den Unter­schied zu sehr übertreib­st, wird das prob­lema­tisch, und du end­est damit zu sagen, dass der Gott des Alten Tes­ta­ments vielle­icht ein­fach ein ander­er Gott ist als der des Neuen Tes­ta­ments.

Alle extrem pro­gres­siv­en For­men der höheren Kri­tik, Dinge wie diese im 19. Jahrhun­dert, waren alle zutief­st anti­semi­tisch. Ich denke, wenn du zu pro­gres­siv bist, end­est du als Anti­semit. Dann musst du irgend­wie sagen, dass es Fortschritt gibt, aber die Girard­sche Intu­ition, die ich hätte, ist, es ist immer nur diese Umkehrung der Per­spek­tive, bei der die Bibel die Dinge aus der Sicht des Opfers betra­chtet.

Es ist schon im Buch Gen­e­sis, wo es die Geschichte von Kain und Abel ist. Die Grün­dung der ersten Stadt in der Geschichte der Welt ist eine par­al­lele, aber gegen­teilige Geschichte zur Geschichte von Romu­lus und Remus, der Grün­dung der größten Stadt, wo die Geschichte von Romu­lus und Remus aus der Sicht von Romu­lus erzählt wird. Die Geschichte von Kain und Abel wird aus der Sicht von Abel erzählt. Oder die Israeliten, die aus Ägypten her­auskom­men – das würde nor­maler­weise aus der Sicht der Ägypter erzählt wer­den, wo du diese Unruh­es­tifter hat­test und wir sie los­ge­wor­den sind. Du hast diese Umkehrung der Per­spek­tiv­en im gesamten Alten Tes­ta­ment, würde ich sagen.

Cowen: Ist es möglich, dass wir das Alte Tes­ta­ment lesen und im Wesentlichen zum Schluss kom­men, dass die Geschichte etwas wirk­lich Schlecht­es ist? Das ist die zen­trale Botschaft der Woke-Bewe­gung. Und dann ein­fach sagen: “Die Woke-Bewe­gung hat im Grunde recht; wir soll­ten uns auf die Seite der Wok­en stellen.” Sie haben all diese Exzesse. Die sind schreck­lich, aber sie sind in gewiss­er Weise eine Meth­ode, die grundle­gende Schlussfol­gerung zu bewer­ben, dass die Geschichte schlecht ist. Sie sind diejeni­gen, die uns dazu brin­gen, uns damit auseinan­derzuset­zen, und daher soll­ten du und ich woke sein. Was ist falsch an dieser Argu­men­ta­tion­slin­ie?

Thiel: Ja, ich denke, die Geschichte war sehr schlecht. Ich denke, es ist immer ein Fehler für Kon­ser­v­a­tive oder Anti-Woke-Leute, die Geschichte zu sehr zu beschöni­gen. Also, wenn wir sagen, dass es früher Sklaverei gab, aber die Sklaven waren alle glück­liche Men­schen, sie waren alle glück­liche Sklaven – das ist ein Ver­lier­er-Argu­ment, und man sollte das nicht machen. Ich würde sagen, noch ein­mal, der grobe christliche Rah­men dafür ist irgend­wie, dass die Geschichte wirk­lich schlecht ist.

Ich denke, das Chris­ten­tum – wahrschein­lich ist es darin viel schlim­mer als der Islam oder das Juden­tum, weil es im Islam und Juden­tum undenkbar wäre, dass man Gott in der Form ein­er Per­son ermor­den kön­nte. Wenn jemand behauptet, Gott zu sein, und er getötet wird, würde das nur beweisen, dass er nicht Gott ist. Die Ursünde, die Gewalt, ist in gewis­sem Sinne im christlichen Kon­text viel größer, aber dann gibt es eine Art und Weise, wie wir alle Teil dieser Matrix sind. Man muss vergeben kön­nen.

Wenn du vielle­icht drei grobe Möglichkeit­en skizzieren möcht­est, gibt es die schw­er zu definierende christliche Zwis­chen­po­si­tion, die besagt, dass die Geschichte schreck­lich und furcht­bar ist, aber wir müssen ver­suchen, einen Weg zu find­en, den Men­schen zu vergeben. Dann gibt es die woke Ver­sion, bei der die Geschichte schreck­lich ist, aber wir wer­den den Verge­bung­steil vergessen. Und dann gibt es vielle­icht eine recht­sex­treme, niet­zscheanis­che, Bronze Age Per­vert-Alter­na­tive, bei der wir die Geschichte vergessen wer­den. Es ist unter­drück­end. Ich habe genug von diesem Schuldtrip und will nichts mehr über die Geschichte hören.

Irgend­wie ist die christliche Zwis­chen­po­si­tion, denke ich, die am meis­ten tragfähige, obwohl sie aller­lei Span­nun­gen in sich birgt.

Cowen: Du hast kür­zlich bei einem Har­vard-Vor­trag gesagt, wenn ich dich richtig ver­standen habe, dass die Linke ler­nen müsse, wie sie ihre Opfer­rolle rel­a­tiviert. Was hast du damit gemeint und wie hängt das mit dem zusam­men, was du ger­ade gesagt hast?

Thiel: Der Kon­text war, wie unge­sund es für Men­schen ist, sich zu sehr als Opfer zu iden­ti­fizieren. Es gibt all diese Wege, auf denen man sich als Opfer iden­ti­fizieren kann. Ich will keine pauschale Regel auf­stellen, bei der man nie sagen kann, dass man kein Opfer war. Ich mache manch­mal gerne Witze darüber, dass ich ein armer und ver­fol­gter Peter bin, und vielle­icht ist da ein Körnchen Wahrheit dran. Vielle­icht ist es aber auch sehr über­trieben. Aber wenn ich das zu sehr abso­lu­tiere, ist es wahrschein­lich unge­sund.

Eine christliche Aufteilung, die ich bei dem Har­vard-Vor­trag vorgeschla­gen habe, war, dass es in Ord­nung ist zu sagen, dass man ein Opfer ist. Es ist in Ord­nung, diese Dinge bis zu einem bes­timmten Punkt zu tun. Man kann nicht sagen, dass man ein größeres Opfer ist als Chris­tus. Sobald man das tut, hat man wahrschein­lich die Per­spek­tive ver­loren.

Cowen: Gibt es andere heilige Büch­er neben der Bibel, aus denen du Ideen und Inspi­ra­tio­nen schöpf­st? Und welche wären das?

Thiel: In gewis­sem Sinne sind es alle großen Büch­er. Sie sind nicht ganz auf dem Niveau dieser heili­gen Büch­er, aber es gab eine Art, wie wir Shake­speare oder Cer­vantes oder Goethe als fast halb göt­tliche Schrift­steller betra­chtet haben, und ich denke, das ist die Hal­tung, die man haben muss, um eines dieser Büch­er angemessen und ern­sthaft zu lesen.

Cowen: Das west­liche Kanon wäre also deine Antwort, sozusagen?

Thiel: Etwas wie der west­liche Kanon. Ich denke nicht, dass die großen Büch­er ganz so heilig sind wie die Bibel, und deshalb lese ich wahrschein­lich nicht genug von ihnen, aber ja, das ist die näch­ste Annäherung.

Cowen: Und dazu gehört Sci­ence-Fic­tion – ja oder nein?

Thiel: Ich habe als Kind viel gele­sen. Heute lese ich so wenig davon. Es ist alles zu deprim­ierend.

Cowen: Let­zte Woche habe ich meine Grad­u­ate-Class unter­richtet, und eine Rei­he von ihnen fragte mich: “Warum hören wir immer wieder von Carl Schmitt?” Ich habe ver­sucht, das ihnen zu erk­lären, aber warum denkst du, dass es jet­zt ein Wieder­au­fleben des Inter­ess­es an Carl Schmitt gibt? Was sind für dich die wertvollen Ein­sicht­en bei Schmitt?

Thiel: Carl Schmitt war ein­er dieser Denker, die in den 1920er Jahren in der Weimar­er Repub­lik an Bedeu­tung gewan­nen. Natür­lich gab es viele Dinge, die bei vie­len dieser Leute sehr schief liefen, in gewiss­er Weise geri­et Schmitt etwas in die Ver­strick­ung mit den Nazis. Er dis­tanzierte sich ein paar Jahre später davon, aber es war in gewiss­er Weise ein sehr schlecht­es Urteil.

Aber das, was ich inter­es­sant und gefährlich finde, wenn man sich mit den Weimar­er Denkern beschäftigt, ist, dass es irgend­wie im Gefolge des Ersten Weltkriegs war. Deutsch­land hat­te ver­loren. Man kon­nte nicht zurück zu Thron und Altar, dem Reich der Hab­s­burg­er. Man wollte nicht wirk­lich vor­wärts mit der lib­eralen Demokratie. Es gab all diese Leute, die ziem­lich tiefe Kri­tiken hat­ten.

In gewiss­er Weise ging es zurück zu diesen Fra­gen der poli­tis­chen The­olo­gie, der poli­tis­chen Philoso­phie, die seit der Aufk­lärung aus­ge­blendet und bei­seit­egeschoben wor­den waren. Noch ein­mal, es gab Dinge daran, die gefährlich waren. Eine Möglichkeit, die Weimar­er Zeit zu sehen, war, dass es wie die Zwerge in Moria war, wo sie zu tief gruben und schließlich das namen­lose Grauen des Bal­rog erweck­ten.

Ich denke nicht, dass wir uns in ein­er zyk­lis­chen Welt befind­en, aber es gibt sicher­lich gewisse Par­al­le­len in den USA der 2020er Jahre zu Deutsch­land in den 1920er Jahren, wo der Lib­er­al­is­mus erschöpft ist. Man ver­mutet, dass die Demokratie, was auch immer das bedeutet, erschöpft ist und dass wir Fra­gen stellen müssen, die weit außer­halb des Over­ton-Fen­sters liegen.

Cowen: Was glaub­st du, hat Schmitt überse­hen, das sehr wichtig ist?

Thiel: Ich werde nur einen Ein­blick geben, den ich für kraftvoll halte, und dann, was daran falsch ist. Eines sein­er Büch­er war “Der Begriff des Poli­tis­chen” – was die Poli­tik definiert. Es han­delt von dieser Aufteilung in Fre­und und Feind, die irgend­wie wirk­lich grundle­gend ist, und man sollte sich nicht von all diesen anderen Din­gen ablenken lassen. Es gibt viele inter­es­sante Möglichkeit­en, wie man das anwen­den kön­nte. Es gibt eine Frage zur Rea­gan-Koali­tion in den 1980er Jahren, die ich immer gerne stelle, wo die Rea­gan-Koali­tion irgend­wie die freien Mark­twirtschaftler, die Vertei­di­gungs­falken und die Sozialkon­ser­v­a­tiv­en umfasste.

Wenn du fragst, was der Mil­lionär, der Gen­er­al und der Priester – was haben sie tat­säch­lich gemein­sam? Stell dir vor, diese drei Per­so­n­en sitzen an einem Esstisch und essen zusam­men. Worüber reden sie tat­säch­lich? Es ist wirk­lich schw­er, eine Antwort zu find­en. Und doch funk­tion­ierte die Koali­tion unglaublich gut, und die Antwort, die ich vorschlage, dass sie gemein­sam hat­ten, ist, dass sie antikom­mu­nis­tisch waren, und sie hat­ten einen gemein­samen Feind. Das war unglaublich mächtig. Es war in gewiss­er Weise meine prä­gende poli­tis­che Idee als Teenag­er – Junior High School, High School, späte 70er, frühe 80er Jahre – war Antikom­mu­nis­mus.

Dann gab es eine Art, als die Berlin­er Mauer 1989 fiel, dass diese schein­bar unglaublich mächtige poli­tis­che Kon­stel­la­tion zer­fiel. Es gibt eine natür­liche schmittsche Analyse davon. Das ist der Punkt, an dem ich Schmitt als Denker ziem­lich kraftvoll finde. Der Punkt, an dem es wahrschein­lich immer schief läuft, ist, dass es immer eine Frage gibt, ob die Poli­tik wie ein Markt ist. Oder ob es etwas ist, das, wenn man es bess­er ver­ste­ht, bess­er funk­tion­iert. Oder ob es etwas wie eine Sün­den­bock­mas­chine ist, bei der die Sün­den­bock­mas­chine nur funk­tion­iert, wenn man nicht in die Wurst­fab­rik hinein­schaut.

Wenn man sagt: “Wir haben viele Kon­flik­te in unserem Dorf, und wir müssen eine zufäl­lige alte Frau find­en und sie der Hex­erei beschuldigen, damit dies eine psy­chosoziale Ein­heit als Dorf schafft”, funk­tion­iert das irgend­wie nicht, wenn man sich dessen so bewusst ist. Schmitt hat­te in gewiss­er Weise diesen opti­mistis­chen Aufk­lärungsra­tional­is­mus, bei dem, wenn wir die Poli­tik nur als die willkür­liche Aufteilung der Welt in Fre­und und Feind beschreiben, dies irgend­wie die Poli­tik stärken wird. Es hat sie wahrschein­lich in gewiss­er Weise tat­säch­lich beschle­u­nigt, dass sie sich auflöste.

Cowen: Fehlt Schmitt nicht eine gewisse mögliche Zyk­l­iz­ität in der Geschichte? Die Vorstel­lung, dass der Lib­er­al­is­mus in der Weimar­er Repub­lik der 1920er Jahre zusam­men­bricht – offen­sichtlich war das die richtige Vorher­sage. Aber wenn man im West­deutsch­land von 1948 wieder auf­taucht, war es eine völ­lig falsche Vorher­sage. Eben­so war der Lib­er­al­is­mus vor dem Ersten Weltkrieg zusam­menge­brochen. Er neigt dazu, zurück­zukehren. Warum ist die zyk­lis­che Per­spek­tive nicht die richtige?

Thiel: Nun, das ist eine große Frage, aber ich denke, dass man die Aspek­te beto­nen kann, die zeit­los und ewig sind. Ich bevorzuge es, die Aspek­te zu beto­nen, die ein­ma­lig und welt­geschichtlich sind. Ich denke, dass in gewiss­er Weise jed­er Moment in der Geschichte nur ein­mal passiert. Ich denke, dass es eine Art Bedeu­tung in der Geschichte gibt. Ich denke, sie hat eine gewisse Art von Lin­ear­ität. Das ist, sagen wir, die jüdisch-christliche Sicht der Geschichte im Gegen­satz zur klas­sis­chen griechisch-römis­chen. Ich weiß nicht, ob man ein zyk­lis­ches Geschicht­skonzept haben kann.

Wenn man sich Thuky­dides ansieht, wo es eine große Friedenspe­ri­ode gibt, die zu einem großen Krieg zwis­chen Athen und Spar­ta führt. Das Zeital­ter des Perik­les gibt irgend­wie diesem großen Kon­flikt nach. Dann kehrten die Men­schen nach dem Ersten Weltkrieg zu Thuky­dides zurück, weil es gewisse Par­al­le­len gab. Hun­dert Jahre Frieden zwis­chen den napoleonis­chen Kriegen, und dann führte es zu diesem großen Kon­flikt, aber es gibt nichts Beson­deres in der Geschichte. Kein­er der Details spielt eine Rolle bei Thuky­dides. Er erfind­et alle Reden und so weit­er.

Man ver­gle­icht dies mit etwas wie dem Buch Daniel in der Bibel, wo es eine Abfolge von vier Kön­i­gre­ichen gibt, und es ist eine ein­ma­lige Welt­geschichte, bei der alles, was passiert, einzi­gar­tig ist und nicht wieder­holt wird. In gewiss­er Weise würde ich sagen, der echte erste His­torik­er war Daniel, und Thuky­dides kommt nicht ein­mal in die Nähe.

Cowen: Wir haben abseits des Sets ein wenig darüber gesprochen, naja, was ist mit dem Römis­chen Reich und dem Heili­gen Römis­chen Reich? Ist die Europäis­che Union nicht irgend­wie wie das Römis­che Reich? Meine Antwort darauf ist, naja, wir haben heute Atom­waf­fen, und sie hat­ten sie nicht ein­mal im Jahr 1900. Selb­st nur auf dem Bogen der Wis­senschaft und Tech­nolo­gie sind die Dinge so anders, und ich würde die Bedeu­tung von Wis­senschaft und Tech­nolo­gie nicht triv­i­al­isieren.

Cowen: Also glaub­st du, dass die Ein­sätze heute zu hoch sind, als dass die zyk­lis­che Ver­sion der Geschichte funk­tion­ieren kön­nte, weil es irgend­wann ein­fach nicht mehr möglich ist, zurück­zukehren?

Thiel: Nun, es ist nur so, dass die Wis­senschaft und Tech­nolo­gie einen pro­gres­siv­en Charak­ter haben. Ja, es gibt Ele­mente, die wahrschein­lich ziem­lich apoka­lyp­tisch an unser­er Zeit sind, aber ich würde ein­fach damit anfan­gen zu sagen, dass sie sehr anders sind. Wir leben in ein­er sehr anderen Welt als im Jahr 1900. Ich weiß nicht, wie man all das Wis­sen, das wir seit 1900 gewon­nen haben, wieder ver­ler­nen kön­nte.

Cowen: Glaub­st du, dass wir in ein neues Zeital­ter des mil­lenar­is­tis­chen Denkens ein­treten, ähn­lich wie im englis­chen 17. Jahrhun­dert, wo alles sehr frucht­bar war? Es gab eine wis­senschaftliche Rev­o­lu­tion. Tech­nolo­gie, kön­nte man sagen, wird wieder­belebt. Viele Men­schen wur­den ver­rückt, es gab hochgr­a­dig diverse The­olo­gien. Sie exeku­tierten einen König. Viele selt­same Dinge gescha­hen. In viel­er­lei Hin­sicht leben wir in der Welt des englis­chen 17. Jahrhun­derts, oder? Mit Ver­fas­sun­gen, poli­tis­chen Parteien, Zen­tral­banken. Ist dies das neue Zeital­ter des Mil­lenar­is­mus?

Thiel: Dies ist, wieder ein­mal, ein absurd zyk­lis­ch­er Rah­men, den du auf die Dinge set­zt. Nein, ich denke nicht, dass sich jemals ein Moment wieder­holt. Es ist ein­fach radikal anders. Natür­lich gibt es apoka­lyp­tis­che Aspek­te an unser­er Welt. Wir haben all diese Arten von Gefahren, die, im Gegen­satz zum 17. Jahrhun­dert, aus ein­er sehr unre­ligiösen Quelle zu kom­men scheinen. Wis­senschaft, Tech­nolo­gie. Es waren Atom­waf­fen nach 1945. Vielle­icht ist es Umweltzer­störung, Kli­mawan­del. Wir kön­nen über ver­schiedene For­men der Umwelt disku­tieren.

Es gibt sicher­lich Äng­ste, die Men­schen über Biowaf­fen haben. Wir kön­nen fra­gen, was wirk­lich mit dem Wuhan-Labor passiert ist. Es gibt apoka­lyp­tis­che Äng­ste rund um KI, die mein­er Mei­n­ung nach ernst genom­men wer­den soll­ten. Ja, wenn es mil­lenar­isch oder apoka­lyp­tisch ist, hat es ein sehr, sehr anderes Gefühl. Es ist eine Art apoka­lyp­tis­che Gewalt, die aus ein­er rein men­schlichen Quelle stammt. Es wird nicht wirk­lich von Gott orchestri­ert.

Ein­er der Punk­te, die René Girard immer gerne gemacht hat, war, dass in der katholis­chen Kirche – ich glaube, es war während der Adventszeit – man oft Predigten über die Endzeit­en hielt, die schreck­lichen Dinge, die am Ende der Welt passieren. In Girards Erzäh­lung hörte die Kirche nach 1945 auf, diese Predigten zu hal­ten, weil die Men­schen beruhigt wer­den mussten, dass die Atom­waf­fen nichts mit Armaged­don oder Feuer und Schwe­fel oder irgen­det­was der­gle­ichen zu tun hat­ten, obwohl es natür­lich all diese leicht­en mythis­chen Ele­mente gab. Der erste Atom­test wurde Trin­i­ty genan­nt, oder man benan­nte ihn nach all diesen griechis­chen Göt­tern: Sat­urn, Jupiter, Zeus, was auch immer.

Wenn wir noch ein­mal über all diese exis­ten­ziellen Risiken heute sprechen – Atom­waf­fen, Kli­mawan­del, Biotech­nolo­gie, Nan­otech­nolo­gie, Killer­ro­bot­er, die KI, die alle in eine Büroklam­mer ver­wan­deln wird oder was auch immer – ich denke immer, man sollte min­destens eine weit­ere Art von exis­ten­ziellem Risiko ein­schließen, wenn man es mit ein­wirft. In meinem Kopf ist ein weit­eres exis­ten­zielles Risiko eine total­itäre Wel­tregierung. Ich finde das min­destens genau­so beängsti­gend wie die anderen.

Es gibt Ele­mente davon, die ich für sehr wahr halte. Wenn ich meinen anti-mil­lenar­is­tis­chen Rah­men machen müsste, oder vielle­icht ist es kein pro-tech­nol­o­gis­ches Argu­ment – dies ist irgend­wie ein anti-anti-tech­nol­o­gis­ches Argu­ment – ist, dass, wenn wir noch ein­mal über all diese exis­ten­ziellen Risiken heute sprechen – Atom­waf­fen, Kli­mawan­del, Biotech­nolo­gie, Nan­otech­nolo­gie, Killer­ro­bot­er, die KI, die alle in eine Büroklam­mer ver­wan­deln wird oder was auch immer – ich denke immer, man sollte min­destens eine weit­ere Art von exis­ten­ziellem Risiko ein­schließen, wenn man es mit ein­wirft.

In meinem Kopf ist ein weit­eres exis­ten­zielles Risiko eine total­itäre Wel­tregierung. Ich finde das min­destens genau­so beängsti­gend wie die anderen. In einem bib­lis­chen escha­tol­o­gis­chen Kon­text soll man sich um Armaged­don sor­gen. Man soll sich auch um den Antichris­ten sor­gen. Vielle­icht soll man sich mehr um den Antichris­ten sor­gen, weil der Antichrist zuerst kommt. Also, wenn wir einen Weg durch dieses apoka­lyp­tis­che Zeital­ter find­en wollen, muss man zwis­chen der Scyl­la all dieser exis­ten­ziellen Risiken und der Charyb­dis dieser poli­tis­chen total­itären Katas­tro­phe navigieren.

Thiel: Wenn ich eine lit­er­arische Ver­sion davon machen müsste, ist es sehr schw­er, einen lit­er­arischen Bericht über den Antichris­ten zu schreiben. Die zwei guten Antichris­ten-Büch­er, die geschrieben wur­den, die zwei besten fik­tiv­en in meinen Augen, stam­men aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Es gab ein Buch von Robert Hugh Ben­son aus dem Jahr 1908, eine Art katholis­ches Buch namens Lord of the World. Es gab ein weit­eres aus dem Jahr 1900 von Solovy­ov, War, Progress, and the End of His­to­ry. Bei­de hat­ten diese Berichte über einen zukün­fti­gen total­itären Welt­dik­ta­tor, der die ganze Welt übern­immt. Bei­de – es ist irgend­wie ein Dae­mo­ni­um ex Machi­na.

Es ist wirk­lich unklar, wie der Antichrist die Macht übern­immt. Er hält diese hyp­no­tis­chen Reden, und nie­mand kann sich an ein Wort erin­nern, das er gesagt hat, aber sie verkaufen alle ihre See­len ohne erkennbaren guten Grund, und er übern­immt ein­fach die Welt.

Es scheint mir, dass, wenn man ver­suchen würde, einen solchen Roman nach 1945 zu schreiben, es sehr ein­fach wäre. Es wäre wie One World or None. Dies war ein Kurz­film der Atom­wis­senschaftler nach 1945. Wenn wir die Atom­waf­fen nicht der Wel­tregierung übergeben, wird die ganze Welt in die Luft fliegen. Im Grunde genom­men würde die lit­er­arische Ver­sion so ausse­hen, dass der Antichrist an die Macht kommt, indem er ständig über Armaged­don spricht und uns ständig erschreck­ende mil­lenar­is­tis­che Geschicht­en erzählt.

Das ist meine kom­plizierte, nuancierte Antwort. Es gibt viel Wahrheit in diesen exis­ten­ziellen Risiken. Ich will sie nicht voll­ständig abtun, aber das ist auch der Weg, wie wir diesen total­itären Staat bekom­men. Es gibt all diese Ver­sio­nen davon, die ich durchge­hen kann, aber willst du über Dr. Strangelove oder Gre­ta nach­denken? Es scheint, dass Dr. Strangelove gefährlich­er ist, aber wenn jed­er Fahrrad fahren muss, wird das nicht ein­fach von selb­st geschehen. Das erfordert eine echte, wirk­liche Durch­set­zung dieser Dinge.

Es gibt einen kurzen Auf­satz von Bostrom aus dem Jahr 2019 darüber, wie man all die KI-Risiken stoppt, und es geht im Grunde darum, vielle­icht kön­nen wir die Kul­tur so verän­dern, dass nie­mand mehr het­ero­doxe Ideen hat. Ein paar ver­schiedene Ideen wie diese, aber was du wirk­lich brauchst, ist eine wirk­lich effek­tive glob­ale Regierung und wirk­lich effek­tive Überwachung, und du musst eine glob­ale Gov­er­nance für Rechen­leis­tung haben. Das klingt für mich min­destens genau­so beängsti­gend wie die KI.

Cowen: Ist das viel größere Risiko nicht ein Zusam­men­bruch in eine unge­ord­nete Feu­dalge­sellschaft? Wir sind in Flori­da. Die Vere­inigten Staat­en scheinen föder­al­is­tis­ch­er zu wer­den. Es fällt mir sehr schw­er, mir vorzustellen, dass Chi­na zum Beispiel Indi­en übern­immt. Du kannst dir die Balka­nstaat­en anse­hen. Das ist sog­ar ein Wort: “balka­nisiert”. Du siehst den Nahen Osten. Wenn es sehr schlecht läuft, ist es schw­er zu sehen, dass irgen­deine einzelne Macht ein­fach einen wesentlichen Teil des Nahen Ostens regiert. Es ist leicht vorstell­bar, dass es im Chaos versinkt. Warum denkst du, dass es so viel Struk­tur gibt, dass eine solche Art von Total­i­taris­mus möglich wäre?

Thiel: Mann, ich weiß nicht. Es gibt so viele ver­schiedene Ver­sio­nen davon. Es gab Ver­sio­nen davon – ich wäre eher auf dein­er Seite gewe­sen, sagen wir nach 9/11. Wow, wer­den wir nicht all diesen chao­tis­chen Ter­ror­is­mus auf der ganzen Welt haben? Wir haben nicht so viel Ter­ror­is­mus bekom­men, und stattdessen beka­men wir den Patri­ot Act und eine unglaubliche Überwachung von Geld­flüssen, eine unglaubliche Überwachung von Men­schen. Natür­lich gibt es immer noch Dinge, die schiefge­hen kön­nen, aber das poli­tis­che Schlag­wort des Antichris­ten – 1. Thes­sa­lonich­er 5:3, denke ich – lautet „Frieden und Sicher­heit“.

Es scheint, dass wir viel mehr in die Rich­tung von Frieden und Sicher­heit gegan­gen sind als in die Rich­tung von glob­alem Chaos. Ich denke, es ist schw­er, heute auch nur ein ille­gales Schweiz­er Bankkon­to zu haben, und das ist ein wirk­lich beschei­den­er Weg. Es ist viel schwieriger, aus den Vere­inigten Staat­en auszutreten, als es vor 20, 30 Jahren war.

Cowen: Nehmen wir an, du ver­suchst, die Wahrschein­lichkeit zu ver­fol­gen, dass die west­liche Welt und ihre Ver­bün­de­ten irgend­wie durchkom­men und ein­fach weit­er­ma­chen. Welche Vari­able oder Vari­ablen würdest du beobacht­en, um zu ver­suchen, das zu ver­fol­gen oder einzuschätzen? Was beobacht­est du?

Thiel: Nun, ich denke nicht, dass es eine wirk­lich empirische Frage ist. Wenn du mich davon überzeu­gen kön­ntest, dass es eine empirische Frage wäre, und du würdest sagen: „Das sind die Vari­ablen, auf die wir acht­en soll­ten“ – wenn ich mit diesem Rah­men ein­ver­standen wäre, hättest du bere­its die Hälfte des Argu­ments gewon­nen. Es wäre wie Vari­ablen … Nun, die Sonne ist jeden Tag aufge­gan­gen und unterge­gan­gen, also wird sie das wahrschein­lich weit­er­hin tun, also soll­ten wir uns keine Sor­gen machen. Oder der Plan­et hat immer durchge­hal­ten, also liegt Gre­ta falsch, und wir soll­ten ihr nicht wirk­lich Beach­tung schenken. Ich sym­pa­thisiere damit, ihr keine Beach­tung zu schenken, aber ich denke nicht, dass dies ein großar­tiges Argu­ment ist.

Natür­lich, wenn wir über das Glob­al­isierung­spro­jekt der Nach-Kalten-Kriegs-Peri­ode nach­denken, wo in gewiss­er Weise die Glob­al­isierung ein­fach geschieht, wird es mehr Bewe­gung von Waren und Men­schen und Ideen und Geld geben, und wir wer­den zu ein­er friedlicheren, bess­er inte­gri­erten Welt wer­den. Man muss sich nicht um die Details küm­mern. Wir wer­den ein­fach weit­er­ma­chen.

Dann, in mein­er Erzäh­lung, gin­gen viele Dinge in dieser Geschichte sehr schief. Eine ein­fache Ver­sion davon ist, dass die US-Chi­na-Sache nicht ganz so funk­tion­iert hat, wie es sich Fukuya­ma und all diese Leute 1989 vorgestellt hat­ten. Ich denke, man hätte das viel früher her­aus­find­en kön­nen, wenn uns nicht gesagt wor­den wäre: „Wir wer­den ein­fach durchkom­men.“ Die Alar­m­glock­en wären viel früher los­ge­gan­gen.

Vielle­icht führt die Glob­al­isierung zu einem neolib­eralen Paradies. Vielle­icht führt sie zu dem total­itären Staat des Antichris­ten. Lass uns sagen, es ist kein sehr empirisches Argu­ment, aber wenn jemand wie du keine Fra­gen über das Durchkom­men stellen würde, wäre ich viel – wie ein opti­mistis­ch­er Boomer-Lib­ertär­er wie du, der aufhört, Fra­gen über das Durchkom­men zu stellen, wäre ich viel beruhigter, viel hoff­nungsvoller.

Cowen: Sagst du, dass es let­ztlich eine meta­ph­ysis­che Frage ist und keine empirische Frage?

Thiel: Ich denke nicht, dass es meta­ph­ysisch ist, aber es ist irgend­wie ana­lytisch.

Cowen: Und moralisch sog­ar. Du legst eine Pflicht fest, indem du über das Durchkom­men sprichst.

Thiel: Nun, es knüpft an all diese größeren Fra­gen an. Ich denke nicht, dass, wenn wir einen Ein-Welt-Staat hät­ten, dies automa­tisch das Beste wäre. Ich bin mir nicht sich­er, ob wir mit ein­er klas­sis­chen lib­eralen oder lib­ertären Intu­ition sagen wür­den, dass die absolute Macht eines Ein-Welt-Staates abso­lut verder­ben würde. Ich denke nicht, dass die Lib­ertären in den let­zten 20 oder 30 Jahren kri­tisch genug waren, also gab es eine gewisse Weise, in der sie ihre eige­nen The­o­rien nicht glaubten. Sie haben die Dinge nicht genug ver­bun­den. Ich weiß nicht, ob ich das als moralis­ches Ver­sagen beze­ich­nen würde, aber es gab ein Ver­sagen der Vorstel­lungskraft.

Cowen: Dieser vielschichtige Skep­tizis­mus gegenüber dem Durchkom­men – würdest du sagen, dass das deine tat­säch­liche poli­tis­che The­olo­gie ist, wenn wir jet­zt auf den Grund gehen?

Thiel: Wann immer die Leute denken, dass man ein­fach durchkommt, ist man wahrschein­lich für irgen­deine Art von Katas­tro­phe prädes­tiniert. Das ist fair. Es ist nicht so pos­i­tiv wie eine Agen­da, aber ich denke immer …

Eines mein­er Kapi­tel in dem Buch Zero to One war: „Du bist kein Lot­terie­los.“ Der grundle­gende Rat ist, wenn du ein Investor bist und du ein­fach denken kannst: „Okay, ich komme hier ein­fach durch als Investor. Ich habe keine Ahnung, worin ich investieren soll. Es gibt all diese Leute. Ich kann ihnen keine Beach­tung schenken. Ich werde ein­fach jedem Schecks ausstellen, sie loswer­den. Ich werde ein­fach irgend­wo hier am South Beach einen Schreibtisch auf­stellen und jedem, der zum Schreibtisch kommt, einen Scheck geben, oder nicht jedem. Es ist ein­fach das Schreiben von Lot­terielosen.“

Das ist ein­fach eine Formel, um sein ganzes Geld zu ver­lieren. Der Ort, an dem ich so heftig auf das Durchkom­men reagiere – noch ein­mal, wir denken nicht. Es kann calvin­is­tisch sein. Es kann ratio­nal­is­tisch sein. Es ist anti-intellek­tuell. Es denkt nicht über die Dinge nach.

Cowen: Die Durchkom­mens-Ansicht und die calvin­is­tis­che Ansicht – haben sie dein­er Mei­n­ung nach densel­ben Fehler?

Thiel: Es ist ein Mis­strauen gegenüber der men­schlichen Hand­lungs­fähigkeit, ein Mis­strauen gegenüber men­schlichem Denken, ein Mis­strauen gegenüber unser­er Fähigkeit, Entschei­dun­gen zu tre­f­fen.

Cowen: Seit Monat­en frage ich mich, warum du und auch Schmitt so inter­essiert an dieser Idee des Kat­e­chon seid, die eben­falls aus der Bibel stammt. Du kannst uns das in einem Moment erk­lären, aber liege ich richtig, wenn ich jet­zt denke – es ist mir ger­ade einge­fall­en, dass das Kat­e­chon in gewis­sem Sinne deine Ersatzvi­sion für das ist, was für mich das Durchkom­men ist. Du bist nicht bere­it, an das Durchkom­men zu glauben, aber die Dinge sind noch nicht zusam­menge­brochen, nicht hier. Du brauchst etwas anderes, das den Fin­ger im Damm hält, und das ist das Kat­e­chon, oder nicht?

Thiel: Nun, es ist eine sehr mys­ter­iöse Idee. Es gibt immer die Frage, warum der Antichrist noch nicht die Macht über­nom­men hat, und es ist diese mys­ter­iöse Kraft, die ihn zurück­hält, diese zurück­hal­tende Kraft, die den total­itären Ein-Welt-Staat zurück­hält. Ich lege nicht unbe­d­ingt zu viel Gewicht darauf, weil es in seinen eige­nen Begrif­f­en etwas insta­bil ist. Es ist pro­vi­sorisch. Es hat diese archais­chen, heili­gen Ele­mente. Es kann eine Weile funk­tion­ieren, aber man kann es nicht mit ein­er Insti­tu­tion iden­ti­fizieren.

Thiel: Noch ein­mal, die schmittsche Sichtweise ist, dass es all diese ver­schiede­nen Dinge gab, die zu ver­schiede­nen Zeit­punk­ten die Rolle des Kat­e­chon gespielt haben. Wenn man die Escha­ton nicht imma­nen­zisieren soll, soll man auch nicht das Kat­e­chon imma­nen­zisieren. Wenn man es zu sehr auf eine Sache fes­tlegt, kann das sehr schiefge­hen. Wenn man das Kat­e­chon als das Ding sieht, das den Ein-Welt-Staat zurück­hält oder den Antichris­ten zurück­hält, dann wird alles, was das Gegen­teil ist – dies ist ein Girard­sch­er Schnitt – immer mimetisch ver­wick­elt sein. Es wird eine Par­al­lelität haben. Es beste­ht immer das Risiko, dass das Kat­e­chon selb­st zum Antichris­ten wird.

Der Pro­to-Antichrist war Nero. Claudius, der gute Kaiser, war das Kat­e­chon. Er hielt Nero zurück, aber irgend­wann, ja, Nero ist das Gegen­teil von Claudius, aber sie sind bei­de römis­che Kaiser.

Oder man kön­nte sagen, dass man in der Mitte des 20. Jahrhun­derts, von 1949 bis 1989, das Kat­e­chon als Antikom­mu­nis­mus iden­ti­fizieren würde. Ich würde den Kom­mu­nis­mus als die Ide­olo­gie des Antichris­ten im 20. Jahrhun­dert iden­ti­fizieren. Was den Kom­mu­nis­mus stoppte, war nicht … Die Vere­inigten Staat­en hät­ten es nicht alleine tun kön­nen. Es war nicht nur ein Land. Es war keine lib­ertäre Diskus­sion­s­gruppe. Es war etwas ziem­lich Gewalt­tätiges, schw­er moralisch zu recht­fer­ti­gen, nicht wirk­lich christlich, aber es hat­te diesen eini­gen­den Effekt.

Die Art und Weise, wie es sich wan­delte – 1989 – etwas wie der Antikom­mu­nis­mus ver­wan­delt sich in den Neolib­er­al­is­mus. Nun, wenn man antikom­mu­nis­tisch ist, strebt man nicht nach Weltkon­trolle. Man ver­sucht nur, die Kom­mu­nis­ten davon abzuhal­ten, die Weltkon­trolle zu erlan­gen. Wenn man die Kom­mu­nis­ten besiegt hat, was soll man dann tun? Vielle­icht kann man ein­fach nach Hause gehen und alles vergessen, was man getan hat.

Aber in der Prax­is neigen diese Dinge dazu, sich selb­st fortzuset­zen. Bush 41 – der Antikom­mu­nis­mus wurde zur Neuen Wel­tord­nung, und wir wer­den jet­zt die Welt im Namen des Antikom­mu­nis­mus regieren. Es gibt etwas daran, das immer irreführend ist. Oder sog­ar das, was ich über den Antichris­ten in diesem apoka­lyp­tis­chen Kon­text gesagt habe. Kommt der Antichrist nicht ein­fach an die Macht, indem er als Kat­e­chon agiert? Das ist es, was Gre­ta sagt, dass sie tut. Sie ist das Kat­e­chon, das den Kli­mawan­del stoppt. Es ist ein nüt­zlich­er Begriff, aber ich würde nicht zu viel Gewicht darauf leg­en.

Cowen: Auf der Makroebene, all das Gewicht, das du auf die men­schliche Hand­lungs­fähigkeit legst – ist das wirk­lich so kom­pat­i­bel mit dem Luther­tum?

Thiel: Ich bin kein per­fek­ter Luther­an­er. Es gibt vieles, was man bei all diesen Leuten im Rück­blick sehr unter­schiedlich beurteilen würde.

Cowen: Wenn du in der Bibel nach­schaust – im Alten Tes­ta­ment, im Neuen Tes­ta­ment – und du über all die christlichen Denker nach­denkst, die an irgen­deine Form der Prädes­ti­na­tion geglaubt haben, oder dass Mose auser­wählt wurde und der­gle­ichen, Abra­ham wurde auser­wählt – was ist es in der Bibel, das dich in die Rich­tung lenkt, so sehr an die Bedeu­tung der men­schlichen Hand­lungs­fähigkeit zu glauben?

Thiel: Nun, es gibt viele ver­schiedene Ebe­nen in dieser Frage, aber sicher­lich, wenn man es als diese Ver­schiebung weg vom Opfern von Men­schen sieht, gibt es das anti-opfer­nde The­ma. Man kann immer fra­gen, wie ist die Mod­erne oder die aufgek­lärten Werte, wie sind sie damit ver­bun­den? Aber sicher­lich ist die Idee, die ich hätte, etwas wie, dass die Idee des Indi­vidu­ums aus diesem Kon­text her­aus ent­stand, in dem der Staat nicht abso­lut war, nicht heilig, nicht notwendi­ger­weise prov­i­den­tiell.

Girard sagte gerne, dass Chris­tus der erste poli­tis­che Athe­ist war, weil auf der Ebene der poli­tis­chen Ord­nung, wenn man sagt, dass Chris­tus der Sohn Gottes, der Sohn des Vaters ist, gibt es eine Möglichkeit, dass man in trini­tarische Meta­physik ein­taucht.

Aber die poli­tis­che Inter­pre­ta­tion davon ist, dass Cae­sar Augus­tus, der Sohn des vergöt­tlicht­en Cäsars, irgend­wie nicht genau der Sohn Gottes ist, und dass das Römis­che Reich nicht ein­fach göt­tlich ange­ord­net ist. Das öffnet dann einen Raum für ein weniger ein­heitlich­es Sys­tem, das sich über viele, viele Jahrhun­derte entwick­elt, oder so etwas. Ich denke sog­ar, dass Ayn Rand in dieser Hin­sicht eine ziem­lich gute Christin ist. Ich weiß, das wäre eine wirk­lich skan­dalöse Aus­sage.

Cowen: Ich frage mich, was sie dazu sagen würde.

Thiel: Es ist jüdisch und athe­is­tisch und schrill und ver­rückt, aber man kann das Indi­vidu­um ein­fach nicht opfern. Man sollte seinen Ver­stand nicht opfern. Man sollte seine Ver­nun­ft nicht opfern. Es ist ein­fach so, dass man das nicht opfern kann.

Cowen: Du hast in eini­gen dein­er Vorträge in let­zter Zeit Shakespeare’s The Tem­pest zitiert. Wie denkst du, unter­schei­det sich Shake­spear­es poli­tis­che Vision von der christlichen?

Thiel: Nun, es ist immer schw­er zu wis­sen, was Shake­speare wirk­lich dachte. Du hast sicher­lich ver­schiedene Charak­tere. Du hast jeman­den wie Mac­beth, der sagt: „Das Leben ist eine Geschichte, erzählt von einem Idioten, voller Lärm und Wut, ohne jeden Sinn.“ Das klingt nicht ger­ade nach ein­er beson­ders christlichen Weltan­schau­ung. Das ist ein­fach, was Mac­beth sagt; es ist nicht, was Shake­speare sagt. Es ist immer sehr schw­er zu wis­sen, oder vielle­icht ist es eine Art christlich­er Nihilis­mus oder etwas in dieser Art.

Der Kon­trast, den ich immer ziehe, ist, dass ich Shake­speare immer im Kon­trast zu jeman­dem wie Karl Marx ver­ste­he, wo Marx glaubte, dass Men­schen Kämpfe über Unter­schiede führten, die wichtig waren. Es waren die ver­schiede­nen Klassen, und sie hat­ten objek­tiv unter­schiedliche Inter­essen, und das führte zur Inten­sität des Kampfes.

In Shake­speare gibt es etwas, das irgend­wie pro­to-Girardisch oder sehr mimetisch ist, wo Men­schen Kon­flik­te haben, wenn sie … Die Kon­flik­te sind am inten­sivsten, wenn sie sich über­haupt nicht unter­schei­den. Es ist die Eröff­nungslin­ie von Romeo und Julia. Es sind die Capulets gegen die Mon­tagues, zwei Häuser „gle­ich an Würde“. Sie sind iden­tisch, und deshalb has­sen sie sich so sehr.

Oder ich denke an das Ende von Ham­let, wo Ham­let sagt, um wirk­lich großar­tig zu sein, muss man alles für eine Eier­schale hal­ten, weil eine durch­schnit­tliche Per­son um Dinge kämpfen würde, die von Bedeu­tung sind, aber eine wirk­lich großar­tige Per­son würde um so vergängliche Dinge wie Ehre oder eine Eier­schale kämpfen. Natür­lich hat Ham­let das Prob­lem, dass er das gesamte wahnsin­nige Rachedra­ma, in dem er sich befind­en soll, nicht wirk­lich glaubt.

Ich denke, es gibt wahrschein­lich einen Punkt, an dem ich sagen würde, ja, Shake­speare wäre wahrschein­lich sehr mis­strauisch gegenüber extremen ide­ol­o­gis­chen Unter­schieden heute. Das wäre wahrschein­lich in gewiss­er Weise auch eine Art poli­tis­ch­er Athe­ist.

Cowen: Ich finde das Stück Julius Cae­sar sehr inter­es­sant, weil es kein Kat­e­chon gibt. Es gibt kein Durchkom­men, also opfern sie Cae­sar. Es gibt einen Bürg­erkrieg und viele weit­ere Tote und kein Ende in Sicht. Es ist das pes­simistis­che Szenario im Thiel’schen Denku­ni­ver­sum, denke ich.

Thiel: Es gibt eine selt­same Art, wie sie alle zurück­ge­hen und denken, dass sie Dinge nach­spie­len. Die Art und Weise, wie Bru­tus in die Ver­schwörung in Julius Cae­sar hineinge­zo­gen wird, ist, dass er daran erin­nert wird, dass sein Vor­fahre, ein ander­er Mann namens Bru­tus, Tar­quin, den let­zten der römis­chen Könige, im Jahr 509 v. Chr. gestürzt hat­te, also denkt er, dass er ein­fach diesen Mord nach­spielt. Ich denke, es gibt einen Teil im Stück, wo Shake­speare den Schaus­piel­er sagen lässt – ich werde das leicht durcheinan­der­brin­gen, aber es ist etwas in der Art von: „Jahrhun­derte später wird es Men­schen geben, die dies auf ein­er Bühne vor einem Pub­likum nach­spie­len.“ Das motiviert Bru­tus, es zu tun. Es ist wie der zukün­ftige Applaus im Shake­speare-The­ater.

Und natür­lich war die ver­rück­te, wörtliche Nach­stel­lung davon John Wilkes Booth, der Abra­ham Lin­coln 1865 erschoss, wo Booth ein Shake­speare-Schaus­piel­er war, und dann war es „Sic sem­per tyran­nis“, was er sagte. Er dachte, er spiele die Bru­tus-Cae­sar-Sache nach.

Man kann sich die Lin­coln-Rede von 1838 anse­hen, die Ansprache vor dem Lyceum der Jun­gen Män­ner, wo Lin­coln sich in ein­er etwas kodierten Weise als eine Art Pro­to-Cae­sar darstellt, und er sagt dem Pub­likum, es gibt Men­schen in diesem Land, die nicht glück­lich wären, nur … Einige Men­schen sind wirk­lich ehrgeizig, aber nie­mand kön­nte wie ein Grün­der sein, weil das in der Ver­gan­gen­heit liegt, und das meiste, was man jet­zt sein kann, ist Präsi­dent. Aber es gibt Men­schen, für die es nicht genug ist, Präsi­dent zu sein, und es gibt einige Men­schen, die, wenn man sie nicht aufhält, weit­erge­hen wür­den, bis sie alle weißen Men­schen ver­sklavt oder alle Sklaven befre­it haben.

Lin­coln sprach über sich selb­st und sagte, dass er den Ehrgeiz hat, wie ein Cae­sar oder ein Napoleon oder so etwas zu sein. Es ist eine etwas umständliche Antwort. Ja, es gibt Wege, es als Zyk­lus zu sehen, aber sicher­lich ist das, was wir über­winden wollen. Es war eine schlechte Idee für Bru­tus zu denken, dass er die Cae­sar-Sache nach­spielte, und irgend­wie war auch etwas an der John Wilkes Booth-Geschichte ziem­lich trau­rig.

Cowen: Für unser let­ztes Seg­ment wollen wir uns der Kün­stlichen Intel­li­genz (KI) zuwen­den. Wie du weißt, sind große Sprach­mod­elle (LLMs) bere­its ziem­lich mächtig und wer­den immer bess­er. In dieser kom­menden Welt, wer­den die soge­nan­nten “Word­cels” – also Leute, die schreiben, die mit Ideen spie­len, die Pun­dits – ein­fach an Ein­fluss ver­lieren? Sind sie erledigt? Wie wird das ausse­hen? Wer­den sie friedlich die Macht abgeben? Wer­den sie mit dem Schiff unterge­hen? Wer­den sie Atom­waf­fen zün­den?

Thiel: Ich sage mal, was die KI ins­ge­samt bet­rifft, die LLMs – das ist ein großer Durch­bruch. Es ist sehr wichtig, und es ist für mich auf­fäl­lig, wie schlecht es das Sil­i­con Val­ley ver­ste­ht, über solche Dinge zu sprechen. Die Fra­gen sind entwed­er viel zu eng, zum Beispiel, ob das näch­ste Trans­former-Mod­ell um 20 Prozent bess­er sein wird als das let­zte, oder sie sind vielle­icht zu kos­misch, wo man direkt zur Sim­u­la­tion­s­the­o­rie des Uni­ver­sums überge­ht. Sicher­lich gibt es viele Zwis­chen­fra­gen, die man stellen kön­nte. Lass mich ver­suchen, deine Frage zu beant­worten.

Meine Intu­ition wäre, dass es genau umgekehrt ist, wo es viel schlim­mer für die Math­e­matik­er als für die Wort­men­schen aussieht. Leute haben mir gesagt, dass sie glauben, dass die KI-Mod­elle in drei bis fünf Jahren in der Lage sein wer­den, alle Prob­leme der US-Math­e­matik-Olympiade zu lösen. Das würde die Dinge ziem­lich ver­schieben.

Es gibt eine län­gere Geschichte, die ich immer über das Ver­hält­nis von Math­e­matik und Sprache erzäh­le. Wenn du fragst: „Wann begann unsere Gesellschaft, die math­e­ma­tis­chen Fähigkeit­en höher zu bew­erten?“ Ich glaube, es war während der Franzö­sis­chen Rev­o­lu­tion, weil man glaubte, dass sprach­liche Fähigkeit­en in Fam­i­lien weit­ergegeben wer­den, während math­e­ma­tis­che Fähigkeit­en auf eine idiot savant Art und Weise in der Bevölkerung verteilt sind.

Wenn wir math­e­ma­tis­che Fähigkeit­en pri­or­isieren, hat­te das einen mer­i­tokratis­chen, aber auch egal­itären Effekt auf die Gesellschaft. Dann, glaube ich, als du zur Sow­je­tu­nion, zum sow­jetis­chen Kom­mu­nis­mus im 20. Jahrhun­dert kommst, wo du einem Zahlen­the­o­retik­er oder Schachgroßmeis­ter eine Medaille gib­st – was immer ein Teil war, den ich im sow­jetis­chen Sys­tem irgend­wie sym­pa­thisch fand – vielle­icht ist es eigentlich nur ein Kon­trollmech­a­nis­mus, bei dem die Math­e­matik­er beson­ders ahnungs­los sind. Sie ver­ste­hen nichts, aber wenn wir sie auf ein Podest stellen und allen anderen sagen, dass sie wie die Math­e­matik­er sein sollen, dann ist es eigentlich eine Art Kon­trolle. Oder der Schachgroßmeis­ter ver­ste­ht nichts von der Welt. Das ist eine Möglichkeit, wirk­lich die Kon­trolle zu behal­ten.

Wenn ich bis ins Sil­i­con Val­ley zu Beginn des 21. Jahrhun­derts vor­spule, ist es viel zu sehr auf Math­e­matik fokussiert. Ich weiß nicht, ob das eine franzö­sis­che Rev­o­lu­tion-Sache ist oder eine rus­sisch-straus­sian­is­che, geheime Kabale-Kon­troll­sache, bei der man das pri­or­isieren muss. Das ist das, was mir zutief­st insta­bil erscheint, und darauf würde ich set­zen, dass es umgekehrt wird, wo die Math­e­matik­fähigkeit – es ist der Test für alles.

Es ist wie wenn man in die medi­zinis­che Fakultät will, okay, wir sortieren Leute aus durch Physik und Math­e­matik, und ich bin mir nicht sich­er, ob das wirk­lich mit dein­er Geschick­lichkeit als Neu­rochirurg kor­re­liert. Ich möchte nicht wirk­lich jeman­den, der an meinem Gehirn operiert, während er gle­ichzeit­ig Primzahlen in seinem Kopf fak­torisieren kann.

In den späten 80er, frühen 90er Jahren hat­te ich ein Schach-Bias, weil ich ein ziem­lich guter Schachspiel­er war. Und so war mein Schach-Bias: Du soll­test ein­fach jeden auf Schachfähigkeit­en testen, und das sollte der entschei­dende Fak­tor sein. Warum über­haupt Math­e­matik? Warum nicht ein­fach Schach? Das wurde durch die Com­put­er 1997 unter­graben. Wird das nicht auch mit der Math­e­matik passieren? Und ist das nicht eine längst über­fäl­lige Neuaus­rich­tung unser­er Gesellschaft?

Cowen: Wie wird sich die manuelle Arbeit in dieser kom­menden Welt schla­gen? Es wird viele neue Pro­jek­te geben. Wenn du ein sehr guter Gärt­ner oder Zim­mer­mann bist, wer­den deine Löhne um das Fünf­fache steigen? Oder ste­ht uns etwas anderes bevor?

Thiel: Es ist schw­er zu sagen, aber lass mich nicht die Antwort geben, son­dern einige der Fra­gen vorschla­gen, auf die wir uns mit KI mehr konzen­tri­eren soll­ten. Ich denke, eine Frage ist, wie stark wird es das BIP erhöhen im Ver­gle­ich zu der Frage, wie stark wird es die Ungle­ich­heit erhöhen? Wahrschein­lich tut es bei­des. Ist es eine sehr zen­tral­isierende Tech­nolo­gie? Das ist eine weit­ere Frage, auf die ich gerne eine bessere Antwort hätte. Ich hat­te dieses Riff vor fünf, sechs Jahren, bei dem ich sagte: Wenn Kryp­to lib­ertär ist, warum kön­nen wir dann nicht sagen, dass KI kom­mu­nis­tisch ist?

Eine der Sachen, bei denen ich immer noch wahrschein­lich ein biss­chen unsich­er bin, ist, dass es zu diesen unglaublichen Skalen­ef­fek­ten führt. Mann, ich dachte, San Fran­cis­co hätte sich wenig­stens selb­st das Leben genom­men, und wir kön­nten uns von San Fran­cis­co ver­ab­schieden. Aber die Skalen­ef­fek­te bei KI sind so groß, dass vielle­icht sog­ar San Fran­cis­co mit der KI-Rev­o­lu­tion über­leben wird. Es gibt Vorteile dabei, aber es führt auch zu diesen Fra­gen der Zen­tral­isierung.

Cowen: Was ist mit der geopoli­tis­chen Frage: Wenn es eine so große Tech­nolo­gie ist, wie du und ich denken, was wird sie für die Rival­ität zwis­chen Chi­na und den USA bedeuten?

Thiel: Ich sage nur, es wäre gut, wenn wir wenig­stens die richti­gen Fra­gen stellen wür­den. Ich habe nicht auf alles eine Antwort. Das pro-Chi­na-Argu­ment ist, dass sie nicht zögern wer­den, die KI zu nutzen und sie auf alle ihre Men­schen anzuwen­den, und dass sie deshalb schneller imple­men­tiert wird. Das pro-US-Argu­ment ist, dass wir wahrschein­lich vor Chi­na liegen. Vielle­icht sind die großen Sprach­mod­elle nicht wirk­lich kom­mu­nis­tisch. Vielle­icht, wenn man dem großen Sprach­mod­ell nicht die Frage stellen kann, wer Win­nie the Pooh ist, muss man es so sehr abschwächen, dass es über­haupt nicht funk­tion­iert oder so etwas.

Ich denke, es gibt eine Intu­ition, dass die Effek­tiv­en Altru­is­ten nicht nur fün­fte Kolonis­ten der Kom­mu­nis­tis­chen Partei Chi­nas (KPCh) sind, die ver­suchen, uns zu sabotieren, son­dern dass sie tat­säch­lich ein­fach das tun, was die KPCh will, näm­lich die großen Sprach­mod­elle zu stop­pen, und das ist sehr dis­rup­tiv.

Dann, soweit das zweite Argu­ment, dass es wahrschein­lich den USA mehr nützt als Chi­na, tat­säch­lich mas­siv desta­bil­isierend ist, wo Chi­na diesen Plan mit niedriger Volatil­ität zum Sieg hat­te, bei dem sie langsam die west­liche Welt schla­gen woll­ten. Wenn man jet­zt diese volatil­itätssteigernde Tech­nolo­gie hat, die Chi­na nicht erre­ichen kann, beschle­u­nigt das Chi­nas Zeit­plan? Und wird Chi­na wie Rus­s­land, wo man let­ztlich ver­lieren wird, und vielle­icht muss man Tai­wan in den näch­sten ein oder zwei Jahren angreifen, und man kann nicht noch ein weit­eres Jahrzehnt warten?

Cowen: Let­zte Frage – was wirst du als Näch­stes ler­nen?

Thiel: Mann, all diese Fra­gen. Das ist eine Pro­jek­tion dein­er Per­sön­lichkeit, Tyler.

Thiel: Es ist dieses Isa­iah-Berlin-Ding, bei dem man den Igel hat, der eine Sache weiß, und den Fuchs, der viele Dinge weiß. Du weißt so viele ver­schiedene Dinge, du inter­essierst dich für so viele ver­schiedene Dinge. Es gibt nur ein paar Kernideen, zu denen ich immer wieder zurück­komme, und es ist etwas wie diese wun­der­bare und schreck­liche Geschichte der Welt, die wir erleben, während das Chris­ten­tum unsere Kul­tur auflöst, und wir müssen einen Weg find­en, auf die andere Seite zu gelan­gen. Ich denke, das wird mich noch lange beschäfti­gen.

Cowen: Peter Thiel, vie­len Dank.

[Applaus]

Wir haben jet­zt Zeit für Fra­gen.

Frage aus dem Pub­likum: Hal­lo. Es ist vielle­icht eine grundle­gende Frage für dich, aber für mich ist sie inter­es­sant. Ich frage mich nach dein­er Mei­n­ung. Du hast diese dystopis­che Sicht auf eine Ein-Welt-Ord­nung, was ich völ­lig ver­ste­he. Ich weiß, dass Founders Fund in Kryp­towährun­gen investiert hat und damit Geld ver­di­ent hat, aber siehst du Kryp­to – oder Bit­coin im Beson­deren – als etwas, das die Macht zurück in die Hände der Men­schen leg­en kön­nte? Oder als etwas, das wahrschein­lich in Zukun­ft mehr Zen­tral­isierung der Macht in dieser Ein-Welt-Ord­nung katalysiert?

Thiel: Ich bin immer noch hoff­nungsvoll, dass Bit­coin net­to auf der Anti-Ein-Welt-Ord­nung-Seite ste­ht, ein­fach auf­grund all der Leute, die dage­gen sind, aber vielle­icht ist das eine etwas zu ein­fache schmittsche Analyse. Die Frage wäre, ob man echte Anonymität, echte Pseu­do­nymität hat. Wahrschein­lich gibt es bes­timmte Wege, auf denen, wenn wir dezen­trale Dinge haben wollen, bei denen du Geld für frag­würdi­ge Zwecke ver­wen­den kannst, vielle­icht physis­ches Bargeld immer noch bess­er ist als Bit­coin, und die Dinge haben sich nicht ganz so entwick­elt, wie es die Kryp­to-Anar­chis­ten in den späten 90er Jahren fan­tasiert haben.

Auf der anderen Seite denke ich, dass es wahrschein­lich immer noch, wenn man es nur als eine ein­ma­lige Möglichkeit betra­chtet, Geld außer­halb der Kon­trolle ein­er bes­timmten Regierung zu brin­gen, extrem gut dafür geeignet ist.

Frage aus dem Pub­likum: Danke.

Thiel: Du kannst “hud­dlen” (sich­er auf­be­wahren), bis du es brauchst.

Cowen: Näch­ste Frage.

Frage aus dem Pub­likum: Nick Bostrom und der Kom­mu­nis­mus – bei­de begin­nen mit ein­er sehr unter­schiedlichen Prämisse, enden aber an dem­sel­ben Ort: Wir brauchen eine Ein-Welt-Regierung. Glaub­st du, dass es dafür einen meta­ph­ysis­chen Grund gibt? Ein Anziehungspunkt dort?

Thiel: Nun, ich denke, es gibt eine gewisse Ratio­nal­ität darin. Vielle­icht ist es ein­fach eine Ratio­nal­ität der Aufk­lärung, bei der, wenn wir sagen, dass es eine Rei­he von Din­gen gibt, die Sinn machen und die gut sind, und dann gibt es wahrschein­lich einen Weg, wie man eine Wel­tord­nung haben sollte. Es klingt in bei­den Fällen friedlich­er als eine geteilte Welt zu haben.

Aber ja, es gibt wahrschein­lich ein­fach eine Art Ratio­nal­ität, bei der, wenn man eine Art der Regierungs­führung hat, die die beste ist, die für die best­mögliche Welt sor­gen würde, sollte man das über­all haben. Es sei denn, man hat sehr tiefe Bedenken bezüglich der men­schlichen Natur oder der Men­schen, die die Regierung führen, oder ähn­lich­er Dinge, dann begin­nt man, das zu hin­ter­fra­gen. Sie sind wahrschein­lich bei­de irgend­wie ziem­lich opti­mistisch in Bezug auf die men­schliche Natur.

Frage aus dem Pub­likum: Danke.

Cowen: Näch­ste.

Frage aus dem Pub­likum: Hal­lo. Wenn ein weit­eres Jahr am Ende deines Lebens zum Verkauf stünde, was wärst du bere­it, heute dafür zu zahlen?

Thiel: [lacht] Mann, ich stimme hypo­thetis­chen Fra­gen nicht zu, bei denen ich nicht an die Prämisse glaube. Ich würde wahrschein­lich der Per­son, die mir das ange­boten hat, nichts zahlen, weil ich denken würde, dass sie mich nur aus­nutzen will, da ich hoffe, länger als nur ein weit­eres Jahr zu leben, und bis ich dieses zusät­zliche Jahr ein­fordern müsste, wäre diese Per­son wahrschein­lich längst weg.

Frage aus dem Pub­likum: Sehr cool. Danke.

Frage aus dem Pub­likum: Was sind die Straus­sian­is­chen Botschaften der Bibel? Und was sagen sie uns über poli­tis­che The­olo­gie?

Cowen: Ein­fach Fra­gen heute Abend.

Thiel: Nun, ich denke, Strauss war dieser poli­tis­che Philosoph, den ich nicht als christlich beschreiben würde, er war wahrschein­lich sehr klas­sisch. Aber der Punkt, bei dem ich sagen würde, dass sowohl jemand wie Strauss als auch Girard übere­in­stim­men, ist, dass es bes­timmte Arten des Ver­ständ­niss­es der Welt gibt, die diese dis­rup­tive Art haben, und man möchte keine Aufk­lärung – ein­fach nur, dass wenn man den Men­schen die geheimen Botschaften sagt, dies einen auflösenden Effekt hat. Ich bin mir nicht sich­er, ob es eso­ter­isch ist, aber es ist das Buch der Offen­barung, das die Apoka­lypse ist, denn Apoka­lypse im Griechis­chen bedeutet Enthül­lung, und wenn man die soziale Ord­nung enthüllt, kön­nte man sie am Ende dekon­stru­ieren und zer­stören.

Eines von Girards Büch­ern hieß I See Satan Fall Like Light­ning (Ich sehe Satan wie einen Blitz fall­en). Satan zu sehen, bedeutet, Satan fall­en zu sehen, also erscheint Satan in der Bibel nur am Ende der Welt. Zu allen anderen Zeit­en hat er mit Gott gesprochen oder mit Chris­tus in der Wüste, aber kein Men­sch hat Satan jemals gese­hen, ein­fach weil, wenn man Satan sieht, man Satan fall­en sieht. Das ist der Lib­ertäre.

Ein weit­er­er lib­ertär­er Schnittpunkt mit dem Chris­ten­tum ist, dass, wenn Chris­tus in der Wüste ver­sucht wird und Satan sagt: „Bete mich ein­fach an, und du kannst all diese Kön­i­gre­iche der Welt haben“, es irgend­wie bedeutet, dass alle Regierun­gen satanis­ch­er sind als göt­tlich geord­net. Die Men­schen ver­ste­hen das nicht. Sie denken, dass Regierun­gen irgend­wie göt­tlich geord­net sind. Sobald man erken­nt, wie satanisch die Regierung ist, wie satanisch Steuern sind, was auch immer Regierun­gen son­st tun, wird dies einen auflösenden Effekt haben.

Frage aus dem Pub­likum: Danke.

Frage aus dem Pub­likum: Hi. Ein großer Teil der These des Buch­es The Sov­er­eign Indi­vid­ual ist, dass Vertei­di­ger einen Vorteil gegenüber Angreifern haben wer­den und dass dies die Rich­tung ist, in die sich Gewalt und der Ein­satz von Gewalt entwick­elt. Mich inter­essiert, ob du das immer noch so siehst, ins­beson­dere mit Unternehmen wie Anduril, wo die These lautet, es gibt keine inhärenten Eigen­schaften ein­er kleineren Waffe, die ein kleiner­er Staat leicht haben kön­nte, son­dern die Ver­bre­itung solch­er Waf­fen ist ein­fach eine Tak­tik, die größere Staat­en nutzen müssen, um ihre Strate­gien weit­erzuen­twick­eln.

Thiel: Mann. Ich wurde extrem von dem Buch The Sov­er­eign Indi­vid­ual von Reese-Mogg und David­son bee­in­flusst, 1997, wo die These war, dass die Com­put­ertech­nolo­gie, das Infor­ma­tion­szeital­ter in ein­er sehr tiefen dezen­tral­isieren­den, lib­ertären Weise tendiert, und das schien 1999 sehr wahr zu sein. Dann, sicher­lich bis zum Ende der 2010er Jahre, hätte man gesagt, dass es etwas an der Infor­ma­tion­stech­nolo­gie gibt, das vielle­icht zen­tral­isierend wirkt, vielle­icht das Gegen­teil.

Es gibt immer ein Riff, das ich dazu habe, wo wir uns Star Trek oder die Welt von 1968 anse­hen. Die Leute dacht­en auch an 2001: Odyssee im Wel­traum. IBM ist das Unternehmen, das einen großen Super­com­put­er betreiben wird, der den Plan­eten oder den Plan­eten Beta betreibt. Eine der frühen Star Trek-Episo­den, in der es einen großen Super­com­put­er gibt, der den Plan­eten betreibt, und die Bewohn­er sind diese fügsamen, robot­er­haften Men­schen, die friedlich, aber ereignis­los seit 8000 Jahren leben. Und dann natür­lich, wie immer, fol­gen die Star Trek-Leute nicht der “Prime Direc­tive” und spren­gen den Com­put­er und ver­lassen dann den Plan­eten.

Die Zukun­ft des Com­put­erzeital­ters in den späten 60er Jahren war hochgr­a­dig zen­tral­isiert, und bis Ende der 90er Jahre war es sehr dezen­tral­isiert. Bis Ende der 2010er Jahre, vielle­icht mit Aus­nahme von Kryp­to, schien es wieder zur Zen­tral­isierung zurück­zukehren. Meine Intu­ition ist, dass diese Dinge nicht abso­lut fest­geschrieben sind, und es liegt an uns, an den Tech­nolo­gien zu arbeit­en, um sie in die eine oder andere Rich­tung zu lenken. Es ist nicht ganz so vorbes­timmt.

Cowen: Als Fol­ge­frage, würdest du auf Open-Source-KI set­zen? Wenn Dezen­tral­isierung großar­tig ist, sollte sie dynamis­chere Eigen­schaften haben, sollte mehr Inno­va­tion brin­gen, sollte sicher­er sein, hat viele andere Tugen­den.

Thiel: Ich weiß nicht genau, ob das die Haupt­vari­able ist, die die Zen­tral­isierung oder Dezen­tral­isierung mit sich brin­gen wird. Aber ja, es gibt wahrschein­lich eine Ver­sion davon, die hil­fre­ich wäre. Ich weiß nicht, das Linux-vs.-Microsoft-Präzedenz – ich bin mir nicht sich­er, ob das auf der Ebene des Betrieb­ssys­tems so viel verän­dert hat.

Frage aus dem Pub­likum: Danke.

Frage aus dem Pub­likum: Wann denkst du, wer­den sich die Men­schen selb­st zer­stören? Und glaub­st du, dass KI das tun wird?

Thiel: Ich denke nicht, dass diese Dinge fest­geschrieben sind. Ich bin kein Calvin­ist. Ich bin kein p(doom)-EA-Ostküsten-Rationalist. Ich denke, es liegt an uns, aber wie gesagt, ich mache mir viel mehr Sor­gen um die Men­schen, die ver­suchen, die KI zu stop­pen, als um die KI, die uns zer­stört. Eine Macht, die stark genug ist, um die KI zu stop­pen, ist wahrschein­lich eine Macht, die stark genug ist, um die Welt auch zu zer­stören, also mache ich mir mehr Sor­gen um die Men­schen, die ver­suchen, die KI zu stop­pen.

Frage aus dem Pub­likum: Okay, danke.

Frage aus dem Pub­likum: Ayaan Hir­si Ali ist kür­zlich zum Chris­ten­tum kon­vertiert, aber es scheint haupt­säch­lich aus util­i­taris­tis­chen Grün­den zu sein, so etwas wie für den großen zivil­isatorischen Krieg, weil der Säku­lar­is­mus keine aus­re­ichende Antwort bietet. Siehst du Reli­gion haupt­säch­lich als ein Mit­tel in der post­mod­er­nen Welt?

Thiel: Es kann util­i­taris­tis­che Ele­mente geben. Ich denke nicht, dass man diese zu sehr beto­nen kann. Mein Bias ist immer, sich mehr auf Fra­gen der Wahrheit zu konzen­tri­eren.

Frage aus dem Pub­likum: Du hast Lin­colns Lyceum-Rede erwäh­nt, in der er über diese her­aus­ra­gende Geniefig­ur spricht. Ich hat­te noch nie zuvor gehört, dass er dachte … Glaubtest du damals, dass er sich selb­st als dieses her­aus­ra­gende Genie betra­chtete? Und wie stehst du zu Lin­colns poli­tis­ch­er Reli­gion oder sein­er Sicht auf Ameri­ka?

Thiel: Ich denke, es ist eine sehr faszinierende Rede, weil er eine Fig­ur à la Cae­sar-Napoleon erwäh­nt, die die Weißen ver­sklaven oder die Sklaven befreien würde. Es scheint plau­si­bel zu sein, dass er an sich selb­st dachte.

Frage aus dem Pub­likum: Ich habe eine Frage zu deinem Pri­vatleben, wenn ich darf, und wenn möglich, wäre es toll, wenn du deine Antwort als Geschichte geben kön­ntest. Offen­sichtlich empfind­est du ein großes per­sön­lich­es Ver­ant­wor­tungs­ge­fühl, ja sog­ar eine Ver­ant­wor­tung gegenüber der Geschichte. Wie begann dieses Gefühl? Wie hat es sich entwick­elt? Welche Wege hast du als frucht­bar­er und welche als weniger frucht­bar für dessen Aus­druck gefun­den?

Thiel: Oh, ich bin immer so schlecht darin, eine Selb­stpsy­cho­analyse oder so etwas zu machen. Es gab all diese Wege, auf denen ich als Kind unglaublich wet­tbe­werb­s­fähig und ehrgeizig war. In meinem Jahrbuch der acht­en Klasse in der Junior High School sagte ein­er mein­er Fre­unde: „Ich weiß, dass du in vier Jahren an die Stan­ford-Uni­ver­sität kom­men wirst.“ Ich kam nach Stan­ford, und ich ging nach Stan­ford. Dann ging ich zur Law School. Ich lan­dete in ein­er Top-Kan­zlei in Man­hat­tan. Von außen betra­chtet war es ein Ort, an dem jed­er hinein wollte. Von innen war es ein Ort, an dem jed­er raus wollte.

Ich hat­te eine Art Viertelkrise in meinen mit­tleren Zwanzigern. Unklar, was zu tun ist, aber irgend­wie muss man ver­suchen, die schlimm­sten mimetis­chen Ver­strick­un­gen, die schlimm­sten For­men des mimetis­chen Wet­tbe­werbs zu ver­mei­den. Ich glaube nicht, dass Psy­cholo­gie wirk­lich funk­tion­iert. Ich glaube nicht, dass Bewusst­sein für diese Dinge der Weg ist, es zu tun, aber irgend­wie war das ein sehr wichtiger Teil für mich.

Frage aus dem Pub­likum: Danke.

Frage aus dem Pub­likum: In diesem Zusam­men­hang, um Men­schen vom mimetis­chen Weg abzubrin­gen, denke ich, dass das Thiel Fel­low­ship wirk­lich erstaunlich war und großen Erfolg hat­te. Hast du darüber nachgedacht, es in ein­er Weise zu skalieren, die vielle­icht prof­ita­bel ist oder einen größeren Ein­fluss hat als nur 20 Leute pro Jahr und vielle­icht irgend­wann 20.000?

Thiel: Wir haben darüber nachgedacht, es zu skalieren. Oft ist das wahrschein­lich ziem­lich schw­er zu skalieren. Es gibt das Para­dox von etwas wie dem Thiel Fel­low­ship oder meinem Buch Zero to One oder jedem Selb­sthil­febuch. Es ist immer schlecht, Ratschläge zu geben, bei denen man sagt: „Okay, das sind die Dinge, die du tun sollst, weil …“ Ich befürchte, dass der einzige Weg, wie man Dinge skalieren kann, darin beste­ht, sie irgend­wie zu automa­tisieren, zu mech­a­nisieren, sie in einen ein­heitlichen Prozess zu ver­wan­deln. Dann mache ich mir immer Sor­gen, dass das auf großer Skala aus dem Rud­er läuft.

Ich kann den Men­schen keine Formel geben, was sie tun sollen. Es ist so etwas wie: Du soll­test für dich selb­st nach­denken und es her­aus­find­en. Und wenn ich das skalieren will, ist es wie eine Art Mao’sches Rotes Buch oder so etwas, das man pro­duziert, und es ist ziem­lich das Gegen­teil.

Frage aus dem Pub­likum: Danke.

Frage aus dem Pub­likum: Peter, meine Frage bezieht sich auf Vielfalt, Gle­ich­heit und Inklu­sion (DEI). DEI ist in der Unternehmenswelt sehr präsent gewor­den. Ich wollte deine Mei­n­ung dazu wis­sen, ob du das auch in eini­gen der früh­phasi­gen Unternehmen siehst, in die der Founders Fund investiert, und was du darüber denkst? Glaub­st du, dass das etwas Pos­i­tives ist? Bist du neu­tral, oder glaub­st du, dass das ein biss­chen über­trieben wurde? Würde gerne deine Ansicht­en dazu hören.

Thiel: Ich bin sehr dage­gen. Ich weiß nicht immer, ob es das wichtig­ste The­ma ist. Ich habe nach meinem Grund­studi­um ein Buch geschrieben mit dem Titel The Diver­si­ty Myth. Es konzen­tri­erte sich auf viel von dem Wahnsinn, die Cam­pus-Kriege, die Kul­turkämpfe, die Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre in Stan­ford stat­tfan­den. Es gibt Teile davon, die sehr vorauss­chauend wirk­ten und viele Dinge beschrieben, die schließlich in die bre­it­ere Kul­tur übergin­gen.

Auf ein­er anderen Ebene ist es wie ein völ­lig inef­fek­tives Buch, in dem die Argu­mente keine Rolle spiel­ten. Was diese Dinge vorantrieb, geschah irgend­wie auf ein­er ganz anderen Ebene. Wenn wir über das woke Unternehmen im Sil­i­con Val­ley nach­denken, scheint es unge­sund, wenn ein Unternehmen sich zu sehr auf die DEI-Nar­ra­tive ein­lässt. Es gibt wahrschein­lich machi­avel­lis­tis­che Wege, wie das auch funk­tion­ieren kann, wo es die Leute ein­fach ablenkt.

Wal­mart war in den 2000er Jahren das pro­to-woke Unternehmen. Sie wur­den ständig von den Gew­erkschaften ange­grif­f­en, weil sie ihren Arbeit­ern nicht genug zahlten. Sie kön­nten ihren Arbeit­ern mehr zahlen, oder sie kön­nten sich als ein grünes, umwelt­fre­undlich­es Unternehmen neu posi­tion­ieren. Das stellte sich als ein sehr bil­liger Weg her­aus, um die linke Anti-Wal­mart-Koali­tion zu spal­ten. Das war eine Ver­sion davon als diese kap­i­tal­is­tis­che Ver­schwörung dage­gen.

Es gibt Fälle, in denen das funk­tion­ieren kann, und Fälle, in denen es schiefge­hen kann. Meis­tens denke ich, dass es ein­fach eine Ablenkung von wichtigeren Din­gen ist. Es gibt eine Ebene, auf der ich die The­men sehr albern finde. Es gibt eine andere Ebene, auf der es böse ist, weil es uns davon abhält, uns auf wichtigere Dinge zu konzen­tri­eren. Es sind Dinge wie die Wirtschaft, Wis­senschaft und Tech­nik, oder sog­ar diese bre­it­eren religiösen Fra­gen, über die wir heute gesprochen haben.

Die Leute sprechen immer davon im Sinne von kul­turellem Marx­is­mus. Ich denke, ein echter Marx­ist wäre viel bess­er als eine Diver­si­ty-Per­son. Rosa Lux­em­burg, diese ver­rück­te Kom­mu­nistin aus dem frühen 20. Jahrhun­dert – ich denke, eines der Dinge, die sie sagte, war, dass nie­mand rev­o­lu­tionär­er sein kann als ein Fab­rikar­beit­er, dass nie­mand rev­o­lu­tionär­er sein kann als ein Pro­le­tari­er. Ein Diver­si­ty-Offi­cer an ein­er Uni­ver­sität oder in einem Unternehmen – was würde Rosa Lux­em­burg davon hal­ten? Es wäre in der­sel­ben Kat­e­gorie wie ein Bankräu­ber oder eine Pros­ti­tu­ierte, als jemand, der ein­fach eine extrem kor­rupte Form des Klien­telka­p­i­tal­is­mus darstellt.

Frage aus dem Pub­likum: Vie­len Dank.

Frage aus dem Pub­likum: Es gibt eine beträchtliche Vari­a­tion in der Reg­ulierung von Biotech­nolo­gie. Es gibt Pros­pera. Du hast einige Seast­eading-Orte finanziert. Was ist dein Ein­druck, warum es nicht mehr ver­rück­te, coole, ambi­tion­ierte Bio­hack­ing-Pro­jek­te gibt? Wo sind die gen-edi­tierten Babys? Das einzige, das wir ken­nen, geschah in Chi­na, und der Typ ging ins Gefäng­nis. Warum passiert nicht mehr ver­rück­tes Zeug in ver­schiede­nen Gerichts­barkeit­en?

Thiel: Mein Ein­druck ist, dass die FDA weltweit eine strik­te Kon­trolle über alles hat. Es gibt viele ver­schiedene Gründe. In der Prax­is sind die meis­ten Regierun­gen nicht bere­it, lock­erere Vorschriften als die FDA zu haben, daher gibt es weniger reg­u­la­torische Arbi­trage als es scheint. Zweit­ens zahlen die USA viel mehr dafür als andere Län­der. Wir kön­nen all diese Debat­ten darüber führen, ob wir in den USA zu viel zahlen oder ob der Rest der Welt bestraft wer­den sollte, weil er davon kosten­los prof­i­tiert. Aber wenn du ein Biotech-Medika­ment entwick­elst und es nicht in den USA verkaufen kannst, sind die wirtschaftlichen Aus­sicht­en viel weniger gut. In der Prax­is läuft es darauf hin­aus: USA oder nichts.

Frage aus dem Pub­likum: Glaub­st du, dass Tech­nolo­gie let­ztlich einen größeren Teil der men­schlichen Bevölkerung unpro­duk­tiv oder unfähig machen wird, zur Wirtschaft beizu­tra­gen? Und wenn ja, was soll­ten diese unpro­duk­tiv­en Men­schen dann mit sich selb­st anfan­gen?

Thiel: Ich denke, die Lud­diten – sie lagen lange Zeit falsch. Es gibt sicher­lich Möglichkeit­en, wie du mich mit KI etwas erschreck­en kannst. Es gibt Ver­sio­nen davon … aber selb­st wenn du mich davon überzeu­gen kön­ntest, dass die Lud­diten mit KI recht hat­ten, dass sie tat­säch­lich Men­schen erset­zen wird, ohne … Wenn du ein Lud­dite im mit­tleren 19. Jahrhun­dert warst und gesagt hast, dass die Maschi­nen die Men­schen erset­zen wer­den, wäre das so eine Erle­ichterung, weil es so viel Arbeit für die Men­schen gibt. Es würde sie ein­fach befreien, andere Dinge zu tun.

Vielle­icht ist es weniger kom­ple­men­tär, mehr ein Spiel der Sub­sti­tu­tion. Selb­st wenn du mich davon überzeu­gen kön­ntest, dass das der Fall ist, bin ich immer noch für die KI, weil mein Aus­gangspunkt ist, dass ein­fach weit­erzu­machen nicht gut ist. Mein Aus­gangspunkt ist, dass das Default-Szenario wirk­lich schlecht ist. Du kommst nicht mit Gre­ta auf ihrem Fahrrad durch.

Frage aus dem Pub­likum: Danke, dass du gekom­men bist. Du hast viel über die Kräfte zwis­chen Dezen­tral­isierung und Zen­tral­isierung gesprochen, ins­beson­dere im Zusam­men­hang mit KI und den Kräften um das Indi­vidu­um. Ich frage mich, ob du ein wenig mehr darüber sprechen kön­ntest, wie die Kräfte ausse­hen kön­nten, die die KI-Entwick­lung stop­pen, ins­beson­dere in Bezug auf die Rolle des Staates, oder wie ein Poli­tik­er oder eine andere Entität diese Kraft für ihre eige­nen Zwecke nutzen kön­nte, anstatt für das Wohl viel­er.

Thiel: Vielle­icht würde ich die Prämisse dein­er Frage infrage stellen. Warum wird KI die einzige Tech­nolo­gie sein, die zählt? Wenn wir sagen, dass es nur diese eine große Tech­nolo­gie gibt, die entwick­elt wird, und sie alles andere dominiert, dann gestehst du in gewiss­er Weise bere­its eine Ver­sion des Zen­tral­isierungspunk­ts ein. Ja, wenn wir sagen, dass alles um die näch­ste Gen­er­a­tion von großen Sprach­mod­ellen geht und nichts anderes zählt, dann hast du es wahrschein­lich auf eine kleine Anzahl von Akteuren reduziert. Und das ist eine Zukun­ft, die ich als etwas unan­genehm zen­tral­isierend empfinde.

Die Def­i­n­i­tion von Tech­nolo­gie – in den 1960er Jahren bedeutete Tech­nolo­gie Com­put­er, aber es bedeutete auch neue Medika­mente, und es bedeutete Raum­schiffe und Über­schall­flugzeuge und die Grüne Rev­o­lu­tion in der Land­wirtschaft. Dann, zu einem bes­timmten Zeit­punkt, bedeutet Tech­nolo­gie heute nur noch IT. Vielle­icht wer­den wir es noch weit­er veren­gen, nur auf KI. Und es scheint mir, dass diese Veren­gung eine Man­i­fes­ta­tion der zen­tral­isieren­den Stag­na­tion ist, aus der wir her­auskom­men soll­ten.

Frage aus dem Pub­likum: Vorhin hast du erwäh­nt, dass KI San Fran­cis­co vor sich selb­st ret­ten kön­nte.

Thiel: KI speziell, ja.

Frage aus dem Pub­likum: Entschuldigung, KI speziell. Wie bew­ertest du die Bemühun­gen von Orten wie Mia­mi und Austin, sich als alter­na­tive Tech­nolo­giezen­tren zu präsen­tieren? Und hat sich diese Mei­n­ung in den let­zten zwei Jahren geän­dert?

Thiel: Nun, ich bin immer noch sehr pro-Mia­mi. Ich denke, die Mia­mi-Geschichte war mehr eine Anti-New-York-Geschichte. Es ist eine Geschichte von zwei Städten, und der Finanzteil der Wirtschaft muss nicht in New York zen­tri­ert sein. Das allein, denke ich, erk­lärt einen großen Teil des Erfol­gs von Mia­mi.

Ich denke, die Tech­nolo­gie – noch ein­mal, irgend­wie sind wir in ein­er ganz anderen Posi­tion als noch vor zwei, zweiein­halb Jahren, aber vor zweiein­halb Jahren gab es viel mehr eine Kryp­to-Geschichte. Kryp­to ist eine dezen­tral­isierende Tech­nolo­gie, aber auch die Unternehmen, die Kryp­to macht­en, waren dezen­tral­isiert. Nicht nur in den USA – es gibt eine anständi­ge Anzahl von ihnen außer­halb der USA. Wenn Kryp­to ein großer Teil der zukün­fti­gen Tech-Geschichte sein würde, wäre das eine natür­lich dezen­tral­isierende Erzäh­lung, weg von Sil­i­con Val­ley. Sil­i­con Val­ley hat­te die Kryp­to-Sache rel­a­tiv gese­hen wirk­lich ver­passt.

Dann, das Ver­brauch­er-Inter­net – vieles davon geschah im Sil­i­con Val­ley aus ver­schiede­nen kom­plizierten Grün­den. Es sollte die Tyran­nei des Ortes beseit­i­gen, aber es geschah alles an einem Ort. Dann scheint der KI-Teil noch mehr im Sil­i­con Val­ley zen­tral­isiert zu sein. Noch ein­mal, wenn wir sagen, dass die näch­sten zehn oder zwanzig Jahre ein­fach eine Ver­dopplung der KI sein wer­den, dann deutet das wahrschein­lich darauf hin, dass San Fran­cis­co und Sil­i­con Val­ley ihre Macht behal­ten oder sog­ar aus­bauen wer­den.

Frage aus dem Pub­likum: Danke.

Cowen: Wir haben Zeit für die drei let­zten Fra­gen in der Schlange, und das wird es dann sein. Bitte treten Sie vor.

Frage aus dem Pub­likum: Hal­lo. Zunächst ein­mal möchte ich mich bedanken, dass Sie hier­her gekom­men sind und diese Ver­anstal­tung durchge­führt haben. Es war wun­der­bar. Ich habe eine etwas alberne Frage, und ich werde Star Wars ins Spiel brin­gen, da wir über Star Trek gesprochen haben. Dieses Konzept der Wel­tord­nung – es ist das erste Mal, dass ich wirk­lich tief darüber nachgedacht habe. Und während ich darüber nach­denke, frage ich mich, stellen Sie sich eine Wel­tord­nung vor, die ein­fach eine total­itäre Dik­tatur ist? Oder eher eine, in der es ein­fach zu viel Infor­ma­tion gibt, zu viele Län­der, zu viele Men­schen, die alle um die Vor­ma­cht­stel­lung kämpfen, und dass alles ver­loren geht und die Macht nicht wirk­lich beim Volk liegt? Was ist das für eine glob­ale zen­trale … wie stellen Sie sich das vor?

Thiel: Nun, ich würde gerne die erste Art ver­mei­den, und die zweite … ich gebe zu, dass sie etwas ver­wirren­der ist. Ja, ich würde gerne eine lib­ertäre Wel­tord­nung haben, mit vie­len Natio­nen, und du kannst zwis­chen ihnen wech­seln. Es gibt etwas Transna­tionales, man ist nicht völ­lig in einem bes­timmten Land gefan­gen, aber dann kann das Transna­tionale nicht so mächtig sein, dass es tat­säch­lich alle Natio­nen kon­trol­liert. Vielle­icht ist das eine Art Para­dox­on der Glob­al­isierung, wie Hegelian­is­che Gedanken immer These-Antithese-Syn­these sind. Selb­st wenn man zus­timmt, dass dies der kor­rek­te Rah­men ist, beste­ht das Prob­lem darin, dass die Men­schen die Syn­these immer mit ein­er Über­lagerung der These und Antithese ver­wech­seln.

Wenn wir sagen, dass Glob­al­isierung, eine glob­ale Wel­tord­nung die endgültige Syn­these ist, ist die Glob­al­isierung, wie sie heute beschrieben wird, nur eine Über­lagerung eines leicht insta­bilen glob­alen Mark­tes, aber kein­er glob­alen Regierung? Und kann das wirk­lich aufrechter­hal­ten wer­den? Ja, ich denke, es gibt wahrschein­lich einige Para­doxa in meinem Bild ein­er wün­schenswerten Wel­tord­nung, die man noch weit­er auf­dröseln kön­nte. Ja, wenn wir ein zu konkretes Bild davon haben, wie genau die Wel­tord­nung aussieht, ist das wahrschein­lich wirk­lich schlecht.

Frage aus dem Pub­likum: Danke.

Cowen: Let­zte Frage. Okay, zwei let­zte.

Frage aus dem Pub­likum: [lacht] Nein, ich möchte nur seine Zeit respek­tieren. Eine Art Anschlussfrage an den Her­rn vor mir. Ich ver­ste­he, dass Sie etwas Zeit in Mia­mi ver­bracht haben. Von der Makroebene bis zur Straße, lokale Regierungs­führung. Fast wie eine „Econ­o­mist gets lunch“-Perspektive, was macht Mia­mi gut? Und was müsste Mia­mi verbessern?

Thiel: Ich bin in den let­zten vier Win­tern hier gewe­sen, jew­eils zwei, drei Monate. Ja, es gibt viele Dinge, die mein­er Mei­n­ung nach unglaublich gut laufen. Ich inter­essiere mich immer für diese geor­gis­tis­chen Immo­bilien-The­o­rien, bei denen, wenn man nicht sehr vor­sichtig ist, der gesamte Wert eines Ortes von ein­er kor­rupten Immo­bilien­gruppe erfasst wird. Hen­ry George war ein Ökonom des späten 19. Jahrhun­derts, der damals als Sozial­ist galt und heute irgend­wie lib­ertär erscheint, was wahrschein­lich etwas über den Wan­del unser­er Gesellschaft aus­sagt.

Die Sorge in Mia­mi ist, ob wir wirk­lich die geor­gis­tis­che Katas­tro­phe ver­mei­den kön­nen. Das ist San Fran­cis­co, das ist New York, das ist Lon­don, wo selb­st wenn es einen enor­men Anstieg des BIP gegeben hat, es nicht gut ist, wenn 100 Prozent davon von Slum­lords erfasst wer­den oder so etwas.

Cowen: Let­zte Frage.

Frage aus dem Pub­likum: Danke. Eine Frage über KI und The­olo­gie. Voltaire hat­te dieses großar­tige Zitat: „Wenn es Gott nicht gäbe, müsste man ihn erfind­en“, oder sie, oder was auch immer das Pronomen ist. Find­est du die Vorstel­lung von super­in­tel­li­gen­ter KI, die möglicher­weise in naher Zukun­ft kommt, als eine Art Got­theit, als eine Art Maschi­nen-Gott? Ist das nüt­zlich? Ist das von Vorteil? Und kön­nte es mehr als nur eine Heuris­tik sein, eine Art sub­stanzielle Aus­sage?

Thiel: Es ist eine rein the­ol­o­gis­che Frage. Ich möchte mich mehr auf die Frage der poli­tis­chen The­olo­gie konzen­tri­eren, die etwas wie fol­gt lautet: Wenn es eine zen­tral­isierende KI ist, die von kom­mu­nis­tis­chem Chi­na kon­trol­liert wird, wird sie ein­fach sehr gut darin sein, die Men­schen davon zu überzeu­gen, dass die Partei Gott ist? Oder dass die Weisheit der Massen, oder was auch immer der Kon­sens ist, die Wahrheit ist? Dann gibt es diese meta­ph­ysis­chen Fra­gen, bei denen es nicht so aussieht, als wäre es genau … ich weiß nicht … ein tran­szen­den­ter, tra­di­tioneller, monothe­is­tis­ch­er Gott.

Ich würde eher auf die poli­tis­chen Fra­gen als auf die meta­ph­ysis­chen einge­hen. Wahrschein­lich beste­ht die Gefahr, dass es etwas ist, das den Kon­sens, die Wahrheit, die Weisheit der Massen noch mehr ver­stärkt. Ich denke, wahrschein­lich wer­den alle Mod­elle dir sagen, dass keine bes­timmte Reli­gion wahrer ist als eine andere. Ist das wirk­lich das, was die Mod­elle erzeu­gen, oder ist das so pro­gram­miert wor­den? Das sind die Fra­gen, die mich mehr inter­essieren wür­den.

Cowen: Vie­len Dank an alle, die sich „Con­ver­sa­tions with Tyler“ am Mer­ca­tus Cen­ter ange­hört haben. Vor allem danke ich dir, Peter Thiel.

Thiel: Danke.

[Applaus]