Wozu Sünde? Mehr noch: Wozu Erbsünde?

Langsam: Mein Blog ist mein Karten­raum und keine Bühne. Ich weiss wie man pub­liziert. Das hier ist etwas anderes. d!a!n!k!e | WORK IN PROGRESS reload für aktuellen schreib­stand | warum ich nicht pub­liziere? weil ich es kann. weil es geht. weil ich es für angemessen halte.

work in progress

NEIN. So würde ich es nicht sagen wollen… ;-)))
- Aber… Hm… Den aktuellen Stand des Ein­trags habe ich Note­bookLM von google gezeigt… und das war das Ergeb­nis am 30. August 2025:

die ganze playlist auf WikiDienstag.ch | abon­niere kosten­los den What­sApp-chan­nel #Lav­inaN­era treis

Anlass zu diesem Eintrag:

Weil wir immer wieder gefragt wer­den, wie wir #TheLuh­man­n­Map und #TheS­taub­Ber­nascon­i­Ma­trix (“Map & Matrix”) als Sozialar­bei­t­ende für unsere Arbeit am Sozialen zur Anwen­dung brin­gen, sollen ver­mehrt ganz konkrete Beispiele gesam­melt und nacherzählt wer­den.

Aktuell arbeit­en wir in ein­er kleinen Kapelle in der Sur­sel­va, auf der gegenüber liegen­den Tal­seite mit Blick hinüber zum benedik­tinis­chen Kloster Dis­en­tis. Dort sind zwei sakrale Arbeit­en, welche nicht nur zeit­genös­sis­che Geschichts- & Kul­tur­wis­senschaften über­raschen, provozieren, faszinieren: Ein gotis­ch­er Flüge­lal­tar von 1515. Eine barocke Marien­stat­uette mit ihrem Baby von ca. 1705. Wir wollen diese bei­den repari­eren und pfle­gen. Dieses Vorhaben stellt uns vor hand­feste Prob­leme. Prob­leme, welche wir uns als Arbei­t­ende am Sozialen wün­schen. Aus aktuellen, welt­poli­tis­chen Grün­den ;-)

Und ja, die Antwort auf die Frage: “Wozu Sünde?” kann zudem konkrete Ori­en­tierung geben, wenn es darum geht, konkrete Restau­ra­tions­fra­gen zu entschei­den. (so?)

Summary

Wozu Sünde? Und mehr noch: Wozu Erb­sünde?

In der Mod­erne wurde die Selb­stver­ständlichkeit des Indi­vidu­ums zur ober­sten Norm. Frei­heit und Ver­ant­wor­tung (Lib­er­al­is­mus), Sol­i­dar­ität & Gle­ich­heit (Sozial­is­mus) gal­ten als Befreiung von Schuld und Gnade. Doch das war nicht immer so. Im Alpin-Barock war Erb­sünde nicht Last, son­dern Sprache der Gebor­gen­heit. Sie bedeutete: Nie­mand begin­nt ausser­halb. Alle sind von Anfang an ver­woben in die Liebe Gottes – unver­mis­cht, unverän­dert, unge­tren­nt, ungeteilt.

Diese Kul­tur­form war eine Antwort auf eine rauhe, bru­tale, gefährliche Natur. Kälte, Hunger, Krankheit, Law­inen – Bedro­hun­gen, die Gebor­gen­heit erforderten. Erb­sünde ver­sprach genau das: Nie allein, immer umfan­gen. Nicht Strafe, son­dern Ord­nung, die Sicher­heit gab.

Kul­tur­for­men sta­bil­isieren sich, indem sie die vorige abw­er­tend beschreiben. So sprach der Barock von aber­gläu­bis­ch­er Natur­re­li­gion. Die Mod­erne wiederum erk­lärte Sünde und Erb­sünde zu Knebeln des Indi­vidu­ums – um sich selb­st als befreiend darstellen zu kön­nen. Heute kippt das Ver­fahren erneut: Fortschritts­glaube und Wach­s­tum­slogik wirken selb­st abstossend. Was wir erleben, ist Kul­turekel – das sichere Zeichen, dass ein Wech­sel bevorste­ht.

Genau hier kom­men #TheLuh­man­n­Map & #TheS­taub­Ber­nascon­i­Ma­trix ins Spiel. Die Map zeigt, dass das Soziale immer auch anders hätte sein kön­nen. Sie hil­ft, Kul­tur­for­men zu unter­schei­den – vom rauhen Natur­glauben über den Alpin-Barock bis zur Mod­erne – und öffnet den Blick auf eine näch­ste Kul­tur­form. Die Matrix hinge­gen fragt im Konkreten: Wie wird Ord­nung hergestellt, wer hat Zugang, was gilt als legit­im, wie wird Verbindlichkeit gesichert?

Diese bei­den Werkzeuge machen sicht­bar, was im All­t­ag leicht überse­hen wird: dass selb­st Hausze­ichen am Altar, Trock­en­stein­mauern oder das Läuten der Glock­en Antworten auf die Soziale Frage sind. Map & Matrix helfen, solche Res­o­nanzbeispiele nicht nur zu deuten, son­dern auch für heutige Prob­leme frucht­bar zu machen – sei es in ein­er Kapelle, an ein­er Dorf­mauer oder mit­ten in welt­poli­tis­chen Kon­flik­ten.

Jet­zt aber langsam, sam­mel­nd, suchend, ver­tiefend noch ein­mal:

1. Was ist Kultur?

Kul­tur ist all das, was Men­schen als nor­mal, als gültig empfind­en, als für wahr nehmen. Sie bes­timmt, was selb­stver­ständlich ist, welche Ord­nun­gen als richtig erscheinen und was über­haupt als denkbar oder undenkbar möglich wird.

  • Kul­tur ist keine Samm­lung von Arte­fak­ten oder Tra­di­tio­nen, son­dern eine lebendi­ge Nor­mal­ität.
  • Sie verän­dert sich ständig, aber aus eige­nen inneren Dynamiken – nicht durch äussere (Markt)nachfrage.

Kul­tur?
- Naja. Kul­tur beze­ich­net all das, was du als Nor­mal für wahr nimmst (so?)

/sms ;-)

2. Was ist eine Kulturform?

Eine Kul­tur­form ist die spez­i­fis­che Art und Weise, wie die Gesellschaft der Gesellschaft ihre Nor­mal­ität gestal­tet, sta­bil­isiert und weit­ergibt.

  • Jede Kul­tur­form hat eigene Ord­nung­sprinzip­i­en, Insti­tu­tio­nen und Kom­mu­nika­tion­sweisen.
  • Kul­tur­for­men entste­hen nie isoliert, son­dern immer in Abgren­zung zu anderen – indem sie Ele­mente übern­immt, trans­formiert, über­formt oder gezielt ver­drängt.
  • Die Räti­er (—), der Alpin-Barock (+) und die Mod­erne (≠) sind Beispiele für Kul­tur­for­men, welche die Sur­sel­va geprägt haben.
  • Touris­mus ist keine Kul­tur­form – wohl aber ein Symp­tom des Über­gangs.
  • Unsere Soziale Arbeit — ver­standen als eine Arbeit am Sozialen — sucht, find­et und erfind­et Ele­mente ein­er näch­sten Kul­tur­form am Beispiel der Sur­sel­va. Wir nen­nen diese näch­ste Kul­tur­form #Com­moroque.

(@sms2sms | Stand, 5. Juli 2025 | ver­wen­det in: /kultur, /kulturfom, /kulturekel, …)

((Wandel)Wechsel)

  1. Was ist Wan­del?
    Wan­del beze­ich­net Verän­derun­gen inner­halb ein­er beste­hen­den Ord­nung. Dinge verän­dern sich, doch die zugrun­deliegende Nor­mal­ität bleibt dieselbe. Paul Wat­zlaw­ick nan­nte dies „Wan­del erster Ord­nung“. Wan­del sta­bil­isiert und erneuert, ohne die Ord­nung selb­st zu ver­lassen.
  2. Was ist Wech­sel?
    Wech­sel beze­ich­net Verän­derun­gen der Ord­nung selb­st. Nicht nur Ele­mente verän­dern sich, son­dern die Art, wie Ord­nung über­haupt hergestellt wird. Wat­zlaw­ick sprach hier von „Wan­del zweit­er Ord­nung“. Wir nen­nen es Wech­sel.
  3. Zusam­men­hang mit Kul­tur­for­men
    Kul­turen erleben bei­des: Wan­del (innere Anpas­sun­gen, Refor­men, neue Stile) und Wech­sel (Übergänge in eine neue Kul­tur­form). Wan­del hält eine Kul­tur­form lebendig. Wech­sel verän­dert ihre Grund­logik.

Beispiele aus der Sur­sel­va:
– Neue Bild­stile oder Fröm­migkeit­sprak­tiken im Barock: Wan­del.
– Über­gang von den Rätiern (—) zum Alpin-Barock (+): Wech­sel.
– Mod­erne (≠): Wech­sel.
– Touris­mus: kein Wech­sel, son­dern ein Symp­tom des Endes der Mod­erne.

Was uns heute als Normal erscheint? Die selbstverständlichkeits des Individuums…

Was uns heute als nor­mal erscheint? Die Selb­stver­ständlichkeit des Indi­vidu­ums.
Die Mod­erne (≠) set­zte das Indi­vidu­um ins Zen­trum. Autonomie und Eigen­ver­ant­wor­tung wur­den zur ober­sten Norm. Lib­er­al­is­mus und Sozial­is­mus waren zwei Seit­en der­sel­ben Mod­erne. Bei­de macht­en das Indi­vidu­um dom­i­nant – jedoch aus ver­schiede­nen Per­spek­tiv­en:
– Sozial­is­mus: Sol­i­dar­ität aus Grün­den des eige­nen Vorteils.
– Lib­er­al­is­mus: Indi­vid­u­al­is­mus aus Grün­den kollek­tiv­er Vorteile.
Unter­schiede im Ton, aber nicht im Takt: Das Indi­vidu­um blieb der gemein­same Nen­ner.

Aber das war nicht immer so. Diese Idee lässt sich als eine Abstossungs­be­we­gung – ein Wech­sel – aus ein­er ganz anderen Grun­didee zeigen.

Frei­heit und Ver­ant­wor­tung (Lib­er­al­is­mus), Sol­i­dar­ität & Gle­ich­heit (Sozial­is­mus), statt Schuld & Gnade: Das war die (ver­meintlich) befreiende Losung der Kul­tur­form der Mod­erne.

Und genau dort öffnet sich der Blick in den Alpin-Barock (+).

Sünde und Erbsünde in der Kulturform des Alpin-Barocks

  1. Was ist Sünde?
    Sünde ist das Sicht­bar­w­er­den der Gren­ze, wo das Leben nicht im Ein­klang mit der göt­tlichen Ord­nung fliesst. Sie ist nicht primär indi­vidu­elle Schuld, son­dern Teil des grossen Geflechts, das alles verbindet.
  2. Was ist Erb­sünde?
    Erb­sünde ist die Erin­nerung daran, dass nie­mand je ausser­halb ste­ht. Von Anfang an sind wir umfan­gen, ver­woben, einge­bun­den in die Liebe Gottes. Unver­mis­cht, unverän­dert, unge­tren­nt und ungeteilt. Sie beze­ich­net nicht Abtren­nung, son­dern Zuge­hörigkeit.
  3. Wozu Sünde/Erbsünde?
    Sie machen die Ver­flocht­en­heit des Lebens spür­bar. Sie zeigen, dass das Heil nicht aus uns selb­st kommt, son­dern aus der Teil­habe an einem Ganzen, das uns trägt. Erb­sünde ist die Bedin­gung, durch die Gnade über­haupt erfahrbar wird.
  4. Wie wirkt das?
    Nicht durch Strafe oder Abw­er­tung, son­dern durch Sakra­mente, Liturgie, Musik, Bilder. Der ganze Raum des Barock spricht: Wir sind nie allein, son­dern von allen Seit­en gehal­ten.

So gehört gedacht, ist Erb­sünde keine Last, son­dern eine Sprache der Gebor­gen­heit. Sie ist die Nor­mal­ität ein­er Kul­tur­form, die das Leben nicht vom Indi­vidu­um her deutet, son­dern von der unaufhör­lichen Umfan­gen­heit in Gott.

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Wovon sich diese Kulturform wohl abgestossen haben könnte? Das ist einfach zu erfinden:

  1. Wovon stieß sich diese Kul­tur­form ab?
    Von ein­er rauhen, bru­tal­en, gefährlichen Natur. Von Kälte, Hunger, Krankheit, Unwet­tern, Law­inen. Von ein­er Umwelt, die jed­erzeit zer­stören kon­nte.
  2. Worin bestand die Antwort?
    Im Entwurf ein­er Welt, die nicht grausam, son­dern gebor­gen ist. In der Vorstel­lung, umfan­gen und getra­gen zu sein. Erb­sünde war Aus­druck dieser Sicher­heit: nie allein, immer ver­woben.
  3. Der Zusam­men­hang
    Die bru­tale Natur machte Angst. Die Kul­tur­form antwortete mit ein­er Ord­nung, die Gebor­gen­heit ver­sprach – nicht durch Tech­nik oder Fortschritt, son­dern durch Ver­flech­tung in die Liebe Gottes.

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Wovon du dich abstösst muss als abstossend gezeigt werden…

Das kön­nte so weit­erge­führt wer­den:

  1. Beispiel Bischof Cam­i­na­da (1961):
    „Man ver­langte Antwort vom Stein, man frug das Feuer, und man frug das Wass­er; erst das Chris­ten­tum gab die ganze Antwort.“
    Die alte, naturver­bun­dene Ord­nung wird hier rück­wirk­end als unzure­ichend, ja ger­adezu aber­gläu­bisch und absurd beschrieben – damit das Chris­ten­tum als umfassende Antwort erscheinen kann.
  2. Kul­tur­form-Logik:
    Kul­tur­for­men gren­zen sich nicht nur durch Prax­is ab, son­dern auch durch rück­wirk­ende Abw­er­tung. Sie erzählen die vorherige Ord­nung so, dass der eigene Auf­bruch notwendig und über­legen wirkt.
  3. Über­trag auf Sünde/Erbsünde:
    – Im Barock (+): Erb­sünde als Gebor­gen­heit, Ver­flocht­en­heit, Umfan­gen­heit.
    – In der Mod­erne (≠): dieselbe Kat­e­gorie rück­wirk­end abgew­ertet – als „Last“, „Makel“, „Knebelung“ des Indi­vidu­ums, aus der man sich befreien müsse.
    Genau dadurch kon­nte die Mod­erne ihre eigene „Losung“ von Frei­heit und Ver­ant­wor­tung (Lib­er­al­is­mus), Sol­i­dar­ität & Gle­ich­heit (Sozial­is­mus) plau­si­bel machen.

Das heisst: nicht die Sache selb­st ändert sich, son­dern die Erzäh­lung über sie – je nach­dem, welche Kul­tur­form sich von welch­er abstösst.

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… bis dich der #Kulturekel überfällt ;-)

Ja, genau – das ist der Dreh:

Wovon du dich abstösst, muss als abstossend gezeigt wer­den. Jede Kul­tur­form schreibt die vorige so, dass Abgren­zung unver­mei­dlich wirkt. Irgend­wann kippt dieses Ver­fahren ins Gefühl: kul­turekel.

Kul­turekel ist das sichere Zeichen, dass ein Wech­sel bevorste­ht. Nicht mehr Anpas­sung (Wan­del), son­dern Abset­zung (Wech­sel).

Das heisst:
– Barock (+) beschrieb die Natur­re­li­gion als aber­gläu­bisch.
– Mod­erne (≠) beschrieb Sünde/Erbsünde als Knebelung.
– Heute erleben wir, wie die Mod­erne selb­st ekel­er­re­gend wirkt – Indi­vid­u­al­is­mus, Fortschritts­glaube, Wach­s­tum­slogik.

Kul­turekel zeigt: eine Kul­tur­form stösst sich ab – nicht von Details, son­dern vom Ganzen.

Hier der Block im gewohn­ten Stil:

  1. Was ist Kul­turekel?
    Kul­turekel ist das Gefühl, dass eine ganze Ord­nung nicht mehr erträglich ist. Nicht nur einzelne Ele­mente stören, son­dern das Ganze wirkt abstossend.
  2. Wie entste­ht Kul­turekel?
    Kul­tur­for­men sta­bil­isieren sich durch Abgren­zung. Wovon sie sich lösen, das stellen sie als abstossend dar. Irgend­wann wird diese Erzäh­lung kör­per­lich spür­bar – als Abscheu gegenüber der alten Ord­nung.
  3. Wozu führt Kul­turekel?
    Kul­turekel markiert den Punkt, an dem Wan­del nicht mehr genügt. Er kündigt einen Wech­sel an – den Über­gang in eine neue Kul­tur­form.

Beispiele:
– Barock (+) beschrieb die Natur­re­li­gion als aber­gläu­bisch.
– Mod­erne (≠) beschrieb Sünde/Erbsünde als Knebelung.
– Heute erscheint die Mod­erne selb­st ekel­er­re­gend: Indi­vid­u­al­is­mus, Fortschritts­glaube, Wach­s­tum­slogik.

Möcht­est du, dass ich im näch­sten Schritt zeige, wie Kul­turekel pro­duk­tiv wird – also wie er Such­be­we­gun­gen in eine neue Kul­tur­form (#Com­moroque) anstösst?

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Das konkrete Beispiel der Hauszeichen

Wenn wir ganz aus der Kul­tur­form des Alpin-Barock (+) fühlen, dann erscheinen die ein­ger­itzten Zeichen auf dem Flüge­lal­tar nicht als „Graf­fi­ti“ oder Besitz­markierun­gen, son­dern als selb­stver­ständliche Res­o­nanzspuren.

  1. Der Kon­text
    Das kleine Dör­fchen, die Reisenden über den Luk­manier, die Pil­ger zum Kloster: alle bewegten sich durch einen Raum, der voller Unsicher­heit war – Krankheit, Hunger, Law­inen. Das Hausze­ichen wurde zur kleinen, konkreten Geste: Ich bin hier gewe­sen. Ich bin gese­hen wor­den.
  2. Die Prax­is
    Ein Kreuz, ein Winkel, eine Lin­ie in der Holzbank oder am Altar. Kein Anspruch, son­dern ein Echo. Es bedeutet nicht: „Das gehört mir“, son­dern: „Hier hat sich mein Leben kurz berührt mit den Heili­gen, mit Maria, mit Valentin, mit Chris­tus.“
  3. Die Kul­tur­form
    Im Barock war alles von Beziehung getra­gen: Sakra­mente, Prozes­sio­nen, Votiv­bilder, Glock­en. Das Hausze­ichen rei­ht sich ein: Es ist ein Res­o­nanzze­ichen. Ein Stück Gegen­wart, das einge­bun­den bleibt im grösseren Geflecht – unver­mis­cht, unge­tren­nt, ungeteilt.
  4. Die Abset­zung
    Was die Mod­erne später als „Van­dal­is­mus“ oder „Vor­form des Eigen­tum­srechts“ abw­ertete, war in sein­er eige­nen Logik reine Teil­habe. Ein Hausze­ichen ist keine Abgren­zung, son­dern eine Geste der Gebor­gen­heit: sicht­bar machen, dass man in Gottes Liebe einge­woben ist.

Am Flüge­lal­tar in Sogn Valentin ritzen sie keine Besitzansprüche ein, son­dern kleine Gebete aus Holz. Zeichen des Daseins, die bleiben woll­ten, nach­dem die Stimme längst verk­lun­gen war. Wer unter­wegs war – Fam­i­lie, Säumer, Pil­ger – liess eine Spur zurück. Nicht als Eigen­tum, son­dern als Echo. Im Echo lag die Vergewis­serung: “Ich bin gehal­ten, ich bin ver­woben, ich gehöre dazu.“

/sms ;-)

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Das konkrete Beispiel der Trockensteinmauern

Die Trock­en­stein­mauern lassen sich in genau der­sel­ben Logik lesen wie die #Hausze­ichen oder die barocke #Erb­sün­den-Vorstel­lung, ein­fach im alltäglichen All­t­ag:

  1. Res­o­nanzraum All­t­ag
    Die Mauern sind nicht bloss Infra­struk­tur. Sie sind Res­o­nanzze­ichen des Lebendig­seins in ein­er rauhen Land­schaft. Jede Hand, die einen Stein set­zte, schrieb sich in die Ord­nung des Dor­fes und der Wege ein – wie ein stilles Hausze­ichen draussen in der Natur.
  2. Umfan­gen­heit
    Wer an der Mauer vor­beige­ht, spürt: Da haben andere schon gehal­ten, getra­gen, gefügt. Auch hier: „unver­mis­cht, unverän­dert, unge­tren­nt, ungeteilt“. Die Steine hal­ten, weil sie sich gegen­seit­ig hal­ten – ein materielles Bild barock­er Erb­sün­den-Logik: Ver­flocht­en, ver­woben, getra­gen.
  3. Sozialer Sinn
    Sünde/Erbsünde heisst in diesem Kon­text: Nie­mand hat je allein eine Mauer gebaut. Immer ist es ein Werk von Vie­len, quer durch Gen­er­a­tio­nen. Jed­er Stein liegt im Ver­trauen, dass andere davor und danach weit­er­ma­chen.
  4. Kul­tureller Ekel
    Die Mod­erne kon­nte solche Mauern nur noch als „prim­i­tive Tech­nik“ oder „bil­lige Infra­struk­tur“ lesen – so wie sie die Erb­sünde als „Knebelung“ beschrieb. Heute aber, in Zeit­en von Nach­haltigkeit und Resilienz, kehren sie zurück als Quellen kul­tureller Inspi­ra­tion: erin­nern – gedenken – erneuern.

Die Trock­en­stein­mauer ist ein stilles Sakra­ment des All­t­ags. Kein Mör­tel, kein Zement – nur Gewicht, Fügung, Ver­trauen. Jed­er Stein trägt den andern. Jed­er Riss ist Erin­nerung an Hände, die vor Jahrhun­derten grif­f­en. Was bleibt, ist nicht Tech­nik, son­dern Umfan­gen­heit: das Wis­sen, dass wir nur hal­ten, wenn wir gehal­ten wer­den.

/sms ;-)

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Du suchst nach weiteren “konkreten” Fallbeispielen? — Nutze dazu die Matrix ;-)

Die Res­o­nanzbeispiele ent­lang der vier Dimen­sio­nen der #TheS­taub­Ber­nascon­i­Ma­trix (Anord­nung – Zugang – Legit­i­ma­tion – Durch­set­zung) sortiert: So wer­den sie sofort als Antworten auf die Soziale Frage les­bar.

So kön­nte es ausse­hen:

  1. Anord­nung (Wie wird Ord­nung hergestellt?)
    – Trock­en­stein­mauern: Steine fügen sich, indem sie sich gegen­seit­ig hal­ten. Ord­nung ohne Zement, durch Res­o­nanz.
    – Wegkreuze: markieren Übergänge, Knoten­punk­te; sie ord­nen Land­schaft und Lebenswege.
    – Geburt: prekäre, aber geteilte Ord­nung – die Frau im Risiko, doch einge­bun­den in ein Ganzes.
  2. Zugang (Wer hat Anteil, wer gehört dazu?)
    – Dorf­brun­nen: Wass­er für alle – nie­mand aus­geschlossen.
    – Back­haus: Feuer und Brot als Com­mons – gemein­sames Back­en, gemein­sames Teilen.
    – Kirchen/Kapellen: offene Orte, in denen alle den gle­ichen Raum betreten.
  3. Legit­i­ma­tion (Wie wird Sinn, Gültigkeit, Wahrheit hergestellt?)
    – Heilige und Mär­tyr­er: stel­lvertre­tendes Lei­den legit­imiert die Ord­nung („sie haben aus­ge­hal­ten“).
    – Hausze­ichen am Altar: Legit­i­ma­tion durch Res­o­nanz – „ich war da, ich gehöre hinein“.
    – Glocken/Orgel: akustis­che Legit­i­ma­tion – die Klänge tra­gen die Ord­nung in jede Stube.
  4. Durch­set­zung (Wie wird Verbindlichkeit gesichert?)
    – Glock­en: rufen, mah­nen, markieren Zeit und Pflicht.
    – Begräb­nisse: gemein­sames Rit­u­al, das Durch­set­zung über den Tod hin­aus ver­ankert.
    – Sakra­mente (Taufe, Eucharistie): Durch­set­zung durch litur­gis­che Prax­is, nicht durch Zwang.

Das Geniale: jedes Res­o­nanzbeispiel ist nicht „Deko­ra­tion“, son­dern ein soziales Antwort­muster auf die Grund­frage nach Ord­nung, Zugang, Legit­i­ma­tion und Durch­set­zung.

Hier die Res­o­nanzbeispiele ent­lang der #TheS­taub­Ber­nascon­i­Ma­trix als klare Tabelle:

Dimen­sionRes­o­nanzbeispieleDeu­tung (Antwort auf die Soziale Frage)
1. Anord­nung– Trock­en­stein­mauern – Wegkreuze – GeburtOrd­nung entste­ht durch Fügung (Steine, Wege, Leben). Nicht Zement oder Macht, son­dern Res­o­nanz hält zusam­men.
2. Zugang– Dorf­brun­nen – Back­haus – Kirchen/KapellenCom­mons-Orte: Wass­er, Feuer, Brot, Raum. Zugang für alle – nie­mand begin­nt „rein“, nie­mand bleibt draussen.
3. Legit­i­ma­tion– Heilige/Märtyrer – Hausze­ichen am Altar – Glocken/OrgelSinn und Gültigkeit durch Res­o­nanz: stel­lvertre­tendes Lei­den, Spuren im Holz, Klang, der alle erre­icht.
4. Durch­set­zung– Glock­en (Ruf, Zeit, Pflicht) – Begräb­nisse – Sakra­menteVerbindlichkeit wird durch Rit­uale gesichert. Durch­set­zung geschieht nicht mit Gewalt, son­dern mit Liturgie, Klang, gemein­samer Prax­is.

Das Raster zeigt: Jede Dimen­sion der Matrix wird im Alpin-Barock mit Res­o­nanzze­ichen beant­wortet.

Im Alpin-Barock antwortete jede Dimen­sion des Sozialen mit Res­o­nanz. Ord­nung ent­stand nicht durch Zement oder Dekret, son­dern durch Fügung: Steine, die sich gegen­seit­ig hiel­ten, Kreuze, die Wege markierten, Geburten, die trotz aller Gefahr einge­bet­tet blieben. Zugang wurde nicht ver­han­delt, son­dern geteilt – am Brun­nen, im Back­haus, in den offe­nen Kapellen. Legit­i­ma­tion geschah nicht über abstrak­te Argu­mente, son­dern durch Heilige und Mär­tyr­er, durch ein­ger­itzte Hausze­ichen, durch Glock­en und Orgelk­lang, der das ganze Tal umhüllte. Und selb­st Durch­set­zung war keine Gewalt­frage, son­dern eine Prax­is von Rit­ualen: Glock­en, die riefen und mah­n­ten, Begräb­nisse, die das Leben auch im Tod ver­ban­den, Sakra­mente, die Teil­habe sicherten. Res­o­nanz erset­zte Macht – das war die soziale Logik dieser Kul­tur­form.

Und genau hier wird sicht­bar, wozu der Begriff der Sünde, mehr noch: der Erb­sünde, Ori­en­tierung geben kann. Denn die Kul­tur­form des Alpin-Barock ver­stand Ord­nung, Zugang, Legit­i­ma­tion und Durch­set­zung nicht als Macht­fra­gen, son­dern als Res­o­nanzräume. Erb­sünde bedeutete: nie­mand begin­nt rein, nie­mand ste­ht ausser­halb – alle sind von Anfang an ver­flocht­en, ver­woben, umfan­gen. Darum find­en wir Spuren dieser Gebor­gen­heit nicht nur in Altären und Stat­uen, son­dern auch im Brun­nen, im Back­haus, in den Mauern, in den Glock­en. Über­all Res­o­nanz statt Macht.

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TheLuhmannMap

  1. Klärt, was wir über­haupt meinen, wenn wir „das Soziale“ sagen.
  2. Zeigt: das Soziale ist kontin­gent – es kön­nte auch anders sein.
  3. Erlaubt, vier Kul­tur­for­men zu kon­stel­lieren (— + ≠ #).
  4. Öffnet so die Suche nach ein­er näch­sten Kul­tur­form.

#TheStaubBernasconiMatrix

  1. Fokussiert auf die vier Dimen­sio­nen der Macht: Anord­nung, Zugang, Legit­i­ma­tion, Durch­set­zung.
  2. Ermöglicht, Macht als Möglichkeit zu ver­ste­hen – begren­zend oder behin­dernd.
  3. Macht sicht­bar, worauf es in jed­er Kul­tur­form konkret ankommt: Wie wird geord­net? Wer erhält Zugang? Wie wird Sinn legit­imiert? Wie wird Verbindlichkeit durchge­set­zt?

Macht ist nicht das Gegen­teil von Res­o­nanz, son­dern Res­o­nanz ist eine Gestalt von Macht – die Möglichkeit, dass etwas trägt. Oder für die Kultuform der Mod­erne: Macht ist nicht das Gegen­teil von “Frei­heit oder Sol­i­dar­ität”, son­dern bei­de sind Gestal­ten von Macht – die Möglichkeit, dass ein Indi­vidu­um ver­mag: allein oder durch die anderen.

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#NextSociety? — Wir nennen die Kulturform #Commoroque

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Resonanz schafft Legitimität — aber natürlich nicht jene Resonanz von Hartmut Rosa ;-)

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Nächster Titel

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Nächster Titel

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Nächster Titel

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Nächster Titel

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parametrisch — postparametrisch — metabolisch | MYZELT EUCH ;-)

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Wie ich mit den Möglichkeiten von @openAI arbeite?

Links, Threads, zu verarbeitende Hinweise…

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Offene Blogeinträge, welche zu diesem Thema passen…

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Textsorte: (1) Traum, (2) Blitz, (3) Beken­nt­nis, (4) Memo, (5) Märchen, (6) Dra­ma, (7) Tabu
Arbeits­form: Doku­men­ta­tion, Lis­ten­bil­dung, Work in Progress
Anlass: (…)
TL;DR: (…)
Bildquelle: (…)
URL/Hashtag: (…)

Ste­fan M. Sey­del, aka sms, aka sms2sms in «Zürcher Fest­spiel 1901″ (2019, Foto­cre­d­it: Charles Schny­der):  Twit­ter, Wikipedia (Lem­ma), Youtube (aktuell), Sound­cloud, Mastodon, Insta­gram (ges­per­rt), Snapchat, Tik­Tok, Twitch, t.me/WikiDienstag (Nicht in Betrieb) | Exk­lu­siv: speakerbooking.ch/sms2sms

About @sms2sms, aka Stefan M. Seydel/sms ;-)

Ste­fan M. Sey­del, Jahrgang 1965, ist Unternehmer, Sozialar­beit­er und Kün­stler. Er machte nach ein­er Beruf­slehre als Hochbauze­ich­n­er einen Bach­e­lor in Soziale Arbeit in St. Gallen und einen Mas­ter in der gle­ichen Diszi­plin bei Sil­via Staub-Bernasconi in Berlin. Seine über­wiegend selb­st­ständi­ge Tätigkeit kreist um das The­ma der Entwick­lung und Real­isierung von Pilot- und Impul­spro­jek­ten für renom­mierte Auf­tragge­berin­nen.

Als Kün­stler hat er Ausstel­lun­gen und Per­for­mances auf inter­na­tionaler Ebene präsen­tiert, darunter in der Roy­al Acad­e­my of Arts in Lon­don, dem Deutschen His­torischen Muse­um in Berlin oder ein­er Einze­lausstel­lung “Kun­st Macht Prob­leme” in der Cryp­ta Cabaret Voltaire, Birth­place of DADA in Zürich. Er wurde mit dem Migros Jubilée Award in der Kat­e­gorie Wis­sensver­mit­tlung aus­geze­ich­net und hat diverse Ehrun­gen durch Web­by Awards für seine Arbeit mit rocketboom.com erhal­ten.

Ste­fan war Jury-Mit­glied des Next Idea Prix Ars Elec­tron­i­ca 2010 und war drei Jahre Mit­glied der Schulleitung des Gym­na­si­ums Kloster Dis­en­tis. Sein Wis­sen und seine Erfahrung im Bere­ich der Infor­ma­tion und Tech­nolo­gie haben ihm auch dabei geholfen, mit Sta­tis­tik Stadt Zürich und Wiki­me­dia Schweiz unter WikiDienstag.ch zusam­men­zuar­beit­en.

Sein Engage­ment im Bere­ich der frei­willi­gen Arbeit führte ihn in das Prä­sid­i­um Inter­na­tionaler Bodensee Club (Leitung Fach­gruppe Wis­senschaft) oder für einige andere Jahre als Vice-Präsi­dent des von Paul Wat­zlaw­ick ini­ti­ierten P.E.N.-Club Liecht­en­stein. Sey­del hat unter ((( rebell.tv ))) zwei Büch­er zusam­men mit sein­er Part­ner­in Tina Piazzi veröf­fentlicht, viele Kolum­nen, Fach­texte und jour­nal­is­tis­che Texte pub­liziert.

Seine Arbeit auf Social Media nutzt er als Microblog­ging. In seinem Blog ver­ar­beit­et er seine The­men. Einige davon wer­den auf Anfra­gen zu les­baren Tex­ten ver­tieft, andere wer­den zu Vorträ­gen aus­ge­baut. Bei Carl Auer Ver­lag in Hei­del­berg, sam­melt er “Ele­mente ein­er näch­sten Kul­tur­form”. Seine Entwick­lun­gen im Kon­text der sozial­räum­lichen Inter­ven­tion (“Arbeit am Sozialen”) machen konkrete Vorschläge in Bezug auf die Beant­wor­tung der Sozialen Frage.

Nach 12 Jahren Berlin und 6 Jahren Zürich zog er aber in sein­er zweit­en Leben­shälfte vom Bodensee der Rhein­quelle ent­ge­gen nach Dissentis/Mustér und hat seine Reisetätigkeit fast ganz eingestellt. Dafür macht er umsomehr soge­nan­nte Pas­sadis und #Feed­logs (Orgiastik). Das sind Arbeitsmeet­ings an inten­tionalen Fra­gen in einem Lifestream. (so?) Text sup­port­ed by #TaaS

Aus Band 2 von: Tina Piazzi & Ste­fan M. Sey­del, Junius-Ver­lag Ham­burg | pdf: Band 1, 2009 | Band 2, 2010

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