#stttgrt #pdhek15 #utopie15 (über die rolle der kunst bei der revolte) #platée #rameau als (brilliante) inspiration

dran!sparenzBox

zu #stttgrt hat mich patrick hahn ein­ge­laden. an #pdhek15 und “tage der utopie” bin ich selb­st­szahler.

zettel sammeln

mich verorten

früher: http://dissent.is/2015/04/11/was-sie-haben-2015-die-soziale-funktion-von-zeitgenoessischer-kunst-nicht-verstanden-warum-sie-sich-nicht-mehr-bemuehen-muessen/

drei weitere tests mit periscope

früher: #stream is the new #live (bühne ist fake)

rahmung

eben sass ich noch mit wolf­gang ull­rich zusam­men.

  1. den religiösen charak­ter der kun­st (nach der aufk­lärung) und die zer­falls­form auf sozialpoli­tik: wenn der segen der kun­st so “total” ist, dann sorgt dafür, dass diese allen — mit beto­nung auf allen — zu kom­men kann. schluss mit der banal­isierung von kun­st. was aber nicht “tiefer hän­gen” in wider­spruch stellt… wolf­gang wird dazu noch ein­n­mal in einem text einge­hen… (lassen wir es also für hier.)
  2. natür­lich auch zu: http://dissent.is/2015/02/13/das-totale-tribunal-der-68er-generation-den-platz-zu-weisen/
  3. und:

(jetzt aber) #platée

was ich gestern in der oper stuttgart ver­standen habe? möchte gerne eine skizze während dem db-chaos von stuttgart nach karl­sruhe heute mor­gen aus­for­mulieren:

  1. http://de.wikipedia.org/wiki/Maria_Theresia_Rafaela_von_Spanien (infan­tin)
  2. http://de.wikipedia.org/wiki/Jean-Philippe_Rameau (1684 — 1764, jesuit­en­schule besucht)
  3. http://de.wikipedia.org/wiki/Jean-Baptiste_Lully
  4. http://de.wikipedia.org/wiki/Plat%C3%A9e (1745, vor 270 jahren, urauführung)
  5. aufk­lärung 1650 — 1800
  6. http://de.wikipedia.org/wiki/Camp_(Kunst)

was ich mir erfunden habe?

ich will mir diesen jean-philippe rameau als 61-jähri­gen meis­ter vorstellen. bei der urauf­führung in schloss ver­sailles. ein­er, welch­er sein ganzes leben lang um anerken­nung für seine gefüh­le gekämpft hat. und bei dieser königshochzeit eine geniale par­ty feiern durfte. im pro­grammheft von patrick hahn zu patée notiert dieser im gespräch mit Chris­t­ian Curnyn wie das leben im 18. jahrhun­dert “küz­er, härter, schmutziger, stink­ender” (s35) war, als wir dies uns heute vorstellen kön­nen. rameau kämpfte gegen die leute um lul­ly. tra­di­tion­al­is­ten, welche — wie regine klingsporn ab s38 erzählt — sich eine “musique sim­ple et naturelle” wün­scht­en. eine kun­st, welche umstand­los das herz der men­schen zu berühren ver­ste­ht.

rameau kann das nicht gefall­en. so lässt er seinen satyr im ersten akt “fortwährende unwet­ter” bejam­mern und bekla­gen. felder ver­wüsten. ganze hänge kom­men ins rutschen. es fühlt sich an wie naturkatas­tro­phen. sie fall­en vom him­mel, wie von den göt­tern ange­ort­net. natür­lich: ich will weniger heuschreck­en­pla­gen, dür­ren, über­schwem­mungen hören, als viel sim­pler kriege, belas­tende abgaben der bauern an die göt­ter in paris. und was kom­ponieren die helden sein­er zun­ft? schnulzige liederchen, welche das elend besän­fti­gen. den weinkrug heben lassen und es ermöglichen, dass sich die men­schen in die besin­nungslosigkeit schlafen kön­nen.

rameau kann das nicht gefall­en. schon der junge jesuit­en­schüler wurde ins denken und fühlen einge­führt. beschei­den­heit vor men­schen ist seine sache nicht. ihm wurde die grandiose grösse gottes bere­its als kind gezeigt. die paters lehrten in die geset­ze der natur. er lernte die dinge in ihren ver­hält­nis­sen und pro­por­tio­nen zu einan­dern ver­ste­hen. er lernte mit allem zu rech­nen. und er rech­nete mit dem schlimm­sten.

ratio­nal­is­mus kann nicht schön sein? kann nicht schön tönen? kann in sprache nicht schön gefasst wer­den? der alte rameau lacht, schlägt sein notizbuch auf und begin­nt zu notieren…  so stelle ich mir das vor.

susanne gschwen­der lässt die lichter tanzen. hoch und runter. hell und bunt. flack­ern und blink­end. bis hinein in den zuschauer­raum funkeln tausende von lichter. hin­ter der bühne ein spiegel, welch­er alles ver­dop­pelt. das pöbel im saal teil der par­ty macht. nichts ist ausgenom­men. wenn sich die ver­hält­nisse ändern, verän­dert sich alles mit. und dass dieses vom him­mel gefal­l­ene elend nun endlich ein ende find­en muss, ist rameau klar. und er weiss auch, wie es gehen wird. es ist die geome­trie. es ist die math­e­matik. es ist das küh­le, ratio­nale denken. es ist die mechanik. schluss mit diesen gefühlen. schluss mit dem gesäusel. er lässt es rock­en. im barock. bril­liant.

sein satyr ver­wan­delt sich gle­ich nach dem pro­log in den könig. könig ist, wer die verän­derung plant und real­isiert. fragt sich nur, wer ihm in dieser revolte helfen kann?

als kün­stler liegt ihm nichts am krieg. nichts an gewalt. nichts am markt. es geht ihm darum, die men­schen in die frei­heit zu führen. 1. szene: “fliesst, kost­bare säfte. (man tanzt.)” es ist alles da. es ist alles im men­schen vorhan­den. nix fehlt. nix brauchts zusät­zlich. “belebt eure benomme­nen sinne, erwacht und singt.” die meta­pher des schlafens und des erwachens wird aktiviert. sinne sollen gek­lärt wer­den. dur­chaus auch mit par­ty machen.

der satyr weckt den kün­stler. und kaum ist er wach, wird ihm bange. der dichter wird wohl zu viel klarheit, zu viel wahrheit, zu klare klärun­gen wollen… rameau baut auf drei kom­po­nen­ten:

  1. die the­aterkun­st
  2. der spott
  3. die liebe

das muss genü­gen. der rest ist eine so ver­drehte szener­ie, dass sie sich bloss noch dreht und es nie­mand mehr richtig ver­ste­ht. der clou bleibt aber: es geht darum, mit den mit­teln der kun­st, auf die möglichkeit­en (und gren­zen) der kun­st hinzuweisen. es ist eine ein­ladung, die dis­so­nanz, das abwe­ichende, der dis­sens in die strate­gie so zu inte­gri­eren, damit jene hochzeit stat­tfind­en kann, welche eben jet­zt notwendig gewor­den ist. mit unerträglichen sit­u­a­tio­nen so umge­hen, dass ein ander­er umgang möglich wird.

  • anders hören
  • anders sehen
  • anders fühlen
  • anders kom­ponieren
  • anders spie­len
  • anders han­deln

wir ste­hen 270 jahre später an einem sehr ähn­lichen punkt. ob die kun­st noch ein­mal eine solche rolle ein­nehmen kann? ich denke nicht.

die kun­st hat es zwar auch ver­standen, hier­ar­chien zu unter­graben. aber die kun­st hat das neue und näch­ste pri­or­isiert und das alte und vor­ange­hende desavouiert. 

der hyper­link unter­läuft hier­ar­chien so, dass keine seite entwertet wird. die aufk­lärung hat uns #kontin­genz ermöglicht. jet­zt brauchen wir die #kon­tro­verse. und darum ist der #barock so inspiri­erend für die aktuelle zeit: weil der barock die freude an den end­losen, herzberühren­den “selt­samen schleife” zele­bri­ert hat…

(irgend­wie so?)

nachträge

 


Ein Kommentar für “#stttgrt #pdhek15 #utopie15 (über die rolle der kunst bei der revolte) #platée #rameau als (brilliante) inspiration

  • danke sms für diese gle­ich­falls äußerst inspiri­eren­den Nachtgedanken, die ich erst jet­zt gle­sen habe. dein neues tool kann man lei­der auf meinem smarten Endgerät gar nicht lesen, erst jet­zt im Zug … liebe grüße,
    patrick

Kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese HTML Tags kannst du verwenden:

<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>