schauen sie. es ist ganz einfach:
das gesellschaftliche treiben zu beschreiben, ist derart komplex — ja! #komplex. nicht #kompliziert! — dass es zu allen zeiten sehr einfach erklärt werden musste. und so weit wir die geschichte der menschheit kennen — tausend und eine super einfache, schön zu erzählende geschichten! — ist das auch möglich. oder besser: es ist nicht nur möglich, das komplexe treiben des sozialen tuns sehr einfach zu beschreiben, es ist und bleibt der königsweg der beschreibung.
ok. abr: warum brauchen wir überhaupt so eine erklärung?
keine ahnung. ich vermute: wir menschen tauchen irgendwann in unserem bewusstsein auf. und glauben den geschichten von zwei älteren wesen, die behaupten, unsere eltern zu sein. die jüngsten kinder habens super: die können vom moment des austritts aus der gebärmutter — manche sogar bis zum moment der zeugung! — den lückenlosen stream ihres werdens nachgucken gehen. im weh!weh!weh!, in der cloud, weissdergeier wo! wir alten, haben den alten und einigen aufwändig verarbeiteten druckdokumenten einigermassen blind zu glauben. ich denke, dass stresst. diese unsicherheit. und: nicht zu vergessen: wenig besser geht es später. irgendwann hören diese menschen auf zu sein. niemand weiss wohin die gehen. und wenn wer zurück kommt und sagt, er sei von einem hellen licht abgeholt worden und der himmel sei was ganz tolles, denen … naja… in diesem moment, freuen wir uns mit ihm. und dazwischen gibts ja auch noch so ein paar unklarheiten. keine ahnung. will sagen: ich vermute, dass wir erklärungen brauchen, weil wir nix wissen. und darum… also…
ja. aber warum jetzt grad #kunst?
naja. warum wir kleider, ein haus, nahrung, freunde um uns haben wollen, das versteht sich wohl von selbst. sogar, warum es praktischer ist, geld zu haben, ist einfach nachzuvollziehen. aber warum es fabulierende priester, unpraktische herumforschende professoren oder durchgeknallte künstler braucht — und diese teilweise sensationellst bezahlt werden -, ist ja nicht so ohne eine gute geschichte zu verstehen. odr?
ok. nadenn. also. wozu kunst?
kunst kommt ja bekanntlich nicht von können. sonst hiesse es ja könst. aber diesem “könst” sehen wir an, dass vor der kunst, das können eben doch zentral gewesen sein muss. wenn etwas, was praktisch notwendig war, so gemacht wurde, dass es irgendwie übertrieben oder unnötig aufwändig gelöst, oder sonstwie den hart arbeitenden menschen komisch vorkam, sagten sie: “der tut so künstlich.” oder umstandlos: “er hat ein huch!kunstwerk gemacht.” das wurde total abwertend gemeint. und alle lachten verächtlich. das änderte sich spätestens im #barock. da ist es gelungen, dass baumeister, maler, holzschnitzer, komponisten dieses “gekünstelte” getue derart zu machen, dass die menschen in verzückung gerieten, wenn sie ihre arbeiten gesehen haben. so hat sich das könnerische kunsthandwerk verwandelt. und die menschen waren immer mehr bereit, diesem sonderbaren tun eine wertigkeit und wichtigkeit bei zu messen. es war ja offensichtlich, dass so gschpinnerte leut experimente machen mussten. also: auch mal was versuchen mussten, was in die hose gingt. aber, es konnte ja nie gewusst werden. vielleicht entstand ja grad durch eine solche panne, eine sensation.
gab es auch künstlerinnen?
umgekehrt. die treibende kraft waren frauen und kinder. die kinder mit ihrer fantasie, welche einfachste gegenstände mit ihren geschichten zu fabelwesen zu machen verstanden. die frauen, welche das essen, die räume, die kleider mit kleinsten umstellungen und drappierungen zu verwandeln wussten. selbst abfälle — etwa beim holz fällen -, beim aufbeigen von brennholz, beim verarbeiten von wolle wurden zu schmuckstücken. und wenn ich vorher #barock sagte: vergessen wir nicht die klöster. die kirche war hauptauftraggebende für die herstellung von kunstwerken.
die soziale funktion von kunst ist, den menschen zu ermöglichen, fehler zu machen?
ja. kunst hat das etabliert, was die unternehmer schon immer machen mussten: risiken eingehen. möglichst hohe. denn je höher das risiko, um so genialer das gewinnpotenziel. unternehmer waren — ganz anders als die hirten und die späteren ackerbauern — immer losgelöst vom wiederkehrenden kreislauf der natur. wenn der hirte nicht alle schafe im harten winter verloren hat, schlüpften bald schon junge schafe nach. wenn dem ackerbauer der hagel nicht alles verhaut hat, wuchsen wundersame pflanzen mit nährenden körnern nach. eigentliche wunder. einigermassen unerklärlich. vermutlich gar göttlich. ganz anders der unternehmer. er konnte sich auf nichts verlassen. er schloss verträge ab, ging versprechen ein, reiste durch unbekannte gegenden, setzte sich aus. er konnte eben gerade nicht “von der hand in den mund leben”… er lebte ein “künstliches” leben. heute würden wir wohl das ebenfalls falsche wort “virtuelles” leben sagen. einfach nicht so ganz verbunden mit dem ganz praktisch existenziellen…
unternehmer als künstler?
umgekehrt. die künstler haben die unternehmer in ihrer exponiertheit erst so richtig zu dem gemacht, was sie heute sind: helden. diese verbindung von unternehmer zu künstler ist wohl auch darum noch heute so innig, weil sich die unternehmer eigentlich nur in den künstlern so richtig für wahr genommen empfinden. in dem unternehmer künstler unterstützen und werke zu gewaltig hohen summen kaufen, erhöhen sie sich selbst. sie können damit allen zeigen, wie wild, wie wagemutig, wie experimentierfreudig, wie risikogewohnt, wie “cool” — diedrich diederichsen könnten diesen begriff schön erklären! — sie mit der absolut ungeschützten position ihres tuns umzugehen verstehen.
von kunsthanderk zu kunst. und jetzt?
nicht so schnell. es scheint sehr wichtig zu sein, “die funktion” der kunst als eine soziale #kampfposition zu verstehen. während die hirten, bauern (und die klöster) ja streng in ihrem (kirchen)jahreskreislauf eingebunden blieben und gerade darin ihre enorme souveränität zeigten, in dem sie den normalzustand sicherten, brach der unternehmer — mit der vorgeschobenen kunst! — diesen gesellschaftlichen sozialen #ewigkeitsmodus auf. mit dem effekt, welchen wir heute ja prächtig entfaltet sehen: es ist der händler, der unternehmer, der dealer mit allen un/möglichen drogen, welcher das soziale hickhack gewonnen hat. dass es sich dabei um einen sozialen krieg handelt, könnten auch die aktuellsten erlebnisse zeigen. noch vor 20 jahren waren menschen “bürger” von staaten. (leider noch immer von nationalstaaten. obwohl dieser ja kläglichst versagt hat.) aber es waren noch “bürger” mit “unantastbaren würden” feststellbar. daraus machten die sozialdemokratischen parteien dann “ich AG’s”. und heute werden wir als potenzielle terroristen dauerüberwacht. der staat wird als pappfigur erkenntlich, welcher insbesondere noch stabil funktioniert, weil dieser massenmedial als lebendig hyperventiliert wird. die vierte gewalt im staat, legt sich dabei natürlich nicht uneingennütz gewaltig ins zeug… kurzum: wir stehen vor einem grauenvollen desaster.
daran ist die kunst schuld?
ach, diese olle schuldfrage. die schuldfrage ist ein abstellgleis. #bahngleichnis @moenchmartin die schuldfrage ist derzeit ein stumpfgleis der monotheistischen religionen. schuld ist nicht gleich schuld. die schuld bei der bank, wird dir niemals vergeben. die schulden, welche die katholische kirche abfeiert, ist ein plumpes mittel der kundenbindung. diese wird aber mittlerweile auch abgegeben wie die segnungen der massenmedien: gratis und an jeder ecke. nein. lassen wir das thema schuld. keine ahnung, wie die spirituelle kraft dieser idee je wieder in die gänge zu bringen wäre…
dass wir vor einem desaster stehen, hat die kunst ermöglicht?
umgekehrt. die kunst wurde missbraucht. als sozialer bagger. die etablierung der kunst, hat ermöglicht, dass neues offensiver gewagt werden durfte. die position der kunst, hat ermöglicht, auch moralisch verwerfliches, in der sprache der kirche “sündiges” zu wagen. später haben dann alle — sogar die kirche — viele der so gewonnen errungenschaften gelobt, geheiligt und gar als von gott gegeben abgesegnet. zum beispiel die medizin. es war einst unmöglich, einen toten menschen zu sezieren und zu schauen, was da drinnen so abgeht. heute käme es keinem papst mehr in den sinn, die errungenschaften der modernen medizin zu verteufeln. obwohl diese längst abscheulichst und gruseligst gefilmt werden könnten. das ist wichtig zu verstehen.
was ist wichtig zu verstehen?
dass das problem der kunst ist, dass sie zwar die kraft hat, sozial gemachte hierarchien zu unterlaufen. und damit sozialen wandel zu ermöglichen. aber was uns jetzt auffällt, ist, dass die kunst dabei mithilft, das neue zu lobpreisen und das alte zu entwerten, bzw. gar nicht mehr in blick zu bringen, weil sie so (neurotisch) auf das neue, das nächste und das nächste und das nächste fixiert bleibt. bazon brock hat darum schon sehr früh pläne und modelle für “kathedralen für den müll” herstellen lassen. weil etwa der atomare abfall, welche menschen produzieren, in etwa so ähnlich lange zu währen vermag, wie den in den anderen kirchen verehrte gott: nämlich ewig. die katastrophe der moderne war, dass sie so robust neue moden zu inszenieren vermag, dass der müllberg hinter ihr, das gesamte tun der menschen bedroht. will sagen: die kunst konnte einen sozialen prozess in gang bringen. gott sei dank. aber die kunst kann nicht mithelfen, das gesellschaftliche tun zu bändigen, zu beruhigen, zu besänftigen, zu entschleunigen, zu bewerten… was immer sie wollen… die kunst kann es nicht…
… aber der #hyperlink?
lachen sie nur. jedenfalls ist dies eine der auffälligsten eigenschaften des hyperlinks: hierarchien zu unterlaufen, ohne eine der beiden seiten zu entwerten. das hat höchste brisanz.
/end
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die form der unruhe, band 2, 2010, junius verlag, hamburg
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