sie nannten es #kritik | #1968kritik 30.01.2016 #tsüri #twandern /END

am morgen danach:

https://twitter.com/kusanowsky/status/693721122022518785

(textsorte: traum/blitz/bekenntnis)

#twandern = twittern und wandern

was ich mir wün­sche? eine brille. eine folie. ein irgen­det­was, durch was ich guck­en kann, was mir zeigt, was ich sehe.

das sin­nesor­gan ist das täuschungs­geil­ste organ, was mir sinn vorschlägt. ich habe noch ein paar andere. auch auf die ist kaum ver­lass. ich blub­bere also vor mich hin. irgend­wie.

als alter mann, habe ich ver­schiedene sta­di­en meines kör­pers ken­nen gel­ernt. der aktuell­ste, ist nicht nicht ein­mal der lästig­ste gewe­sen. ich fühlte mich nie wohl in meinem kör­p­er. auch heute nicht. wo mir jeden tag was neues weh tut. seit wochen mein knie. aber auch schon früher wars nicht bess­er. aus anderen grün­den. speziell war wohl der moment, wie irgend­wann ein ander­er kör­p­er aus dem kör­p­er mein­er frau kullerte. sie behauptet, das hätte was mit mir zu tun gehabt. ich erin­nere mich nicht daran.

das mit dem kör­p­er ist das eine. das mit der sprache ist was anderes.

wir sitzen und spazieren. wir schreiben und skizzieren. hun­derte, tausende von stun­den reden wir miteinan­der. ich hat­te nie den ein­druck, dass ich sie ver­ste­he. aber es ist immer wieder etwas ent­standen. möglich gewor­den. geklappt hat es. so unwohl ich mich in dieser deutschen sprache füh­le — es ist die einzige, die ich so gel­ernt habe, dass ich mit sicherem gefühl mit ihr spie­len kann — so sich­er ist sie mir auch gewor­den. bei allen missver­ständ­nis­sen — und es gibt davon viele, schwere, trau­rige, forl­gen­re­iche — die sprache ist mir der wichtig­ste echoraum. mehr als der kör­p­er. zum kör­p­er habe ich keinen zugang. zur sprache aber einen inten­siv­en. von mir aus kön­nte mir der kör­p­er genom­men wer­den. würde mir die sprache genom­men, würde ich verzweifeln.

wir sitzen neben einan­der. und reden. unendlich lange. wir sitzen still oder wir spazieren. aber wir reden. unabläs­sig. auf geheimnissvoll­ste weise, blub­bern ideen, gedanken, konkret wer­dende abmachun­gen hin und her. bei aller unsicher­heit weiss ich, dass wir besprechen kön­nen, was wir kochen wollen. und wir ste­hen im geschäft und greifen zu den vorher abstrakt aus­ge­tauscht­en worten. zu konkreten gemüsen. es muss klap­pen. das mit den worten. ich weiss nicht wie. aber es geht. (manch­mal.)

dann ist da die schrift. wichtiger also die gesproch­ene sprache, ist mir die schriftliche. ich habe keine ahnung, was ich gedacht habe, wenn ich es mir nicht notiert habe. es ist weniger das nach-lesen-kön­nen, was mir hil­ft mich zu erin­nern. es scheint vielmehr der vor­gang des schreibens zu sein, welche meine wild kreisenden gedanken auf lin­ie bringt. von links nach rechts. von oben nach unten. mein inneres blub­bern wird auf einen pfeil geset­zt. immer nur ein zeichen nach dem andern. aus zeichen worte. aus worten sätze. aus dat­en infor­ma­tio­nen. aus infor­ma­tio­nen wis­sen. ich informiere mich, in dem ich meine sprach in eine sehr spez­i­fis­che form brin­gen.

dann ist da das buch. diese selt­same art, einan­der lange gedanken­rei­hen zuzuschieben. wir haben auch zwei büch­er geschrieben. die ste­hen in eini­gen bib­lio­theken. in sehr weni­gen buch­hand­lun­gen. bei ama­zon kön­nen sie bestellt wer­den. dann kom­men sie. das haben sehr, sehr viele men­schen so gemacht. meis­tens sind es men­schen. manch­mal ganze grup­pen von men­schen. die tra­gen ihre gedanken zusam­men und brin­gen sie in diese form. die meis­ten namen kenne ich nicht. es kön­nte sein, dass es sie gar nicht gibt. (ver­mut­lich würde das auf­fall­en.) aber es ist auch bekan­nt, dass einige ganz gezielt einen anderen namen angeben, welch­er da auf die buchdeck­el gepresst wird. fer­nan­do pes­soa. zum beispiel. den mag ich beson­ders. wie auch immer: es ist eine sehr selt­same art, anteil nehmen zu kön­nen, am blub­bern, denken, schreiben von andern. men­schen, welche einem sehr fremd sind. hier in hot­tin­gen, spazieren manch­mal so berühmte leute am schaufen­ster meines büros vor­bei. ich habe ihre bilder in der zeitung oder im fernse­hen gese­hen. es scheint sie zu geben. die machen das so. die schreiben büch­er. es ist eine sehr ein­same, sehr arro­gante, sehr abge­hobene art zu leben. sie reden nicht mit andern. sie tun nur so, als woll­ten sie ein feed­back. sie schot­ten sich ab. sie ver­trauen ihrer schreib­stube mehr, als dem mundgeruch der men­schen. und das hat guten grund.

sie nannten es #kritik

es war eine inter­es­sante möglichkeit, in der zelle der ein­samkeit, inmit­ten unter vie­len men­schen, seine gedanken in for­ma­tion zu brin­gen. und sie gebün­det und gefasst (jaja: faschieren, wäre das wort. wir ken­nen es vom faschis­mus!) als buch in den leeren raum der gemein­schaft zu stellen. im geheimen kamen sie in die bib­lio­theken und buch­hand­lun­gen. im geheimen wur­den sie von dort in viele stuben getra­gen. eine schwarz­er, dun­kler markt am hel­l­licht­en tag.

es ging darum, die möglichkeit zu schaf­fen, seine gedanken auszuset­zen. und zu warten. und sie da: plöt­zlich kam — im allerbesten falle — eine reak­tion. ein anderes buch. aus ein­er andere zelle. und so prüften sich die gedanken. fast wie von selb­st.

es gibt keinen einzi­gen — keinen einzi­gen — namen, welchen ich von buchdeck­eln her kenne, welchen ich ver­traue, wenn über das zu reden begonnen wird, was ich mit eigen­em kör­p­er erfahren habe. es war der moment, wie mein com­put­er sich mit anderen com­put­ern hat verbinden kön­nen. und wie plöt­zlich am gle­ichen bild­schirm, an welche ich mich über die tas­ten mein­er tas­tatur durch die ent­stande­nen tex­turen taste, was mir vorkommt, als wäre es natur. natür­lich. ein­fach so, wie es ist. für mich. jet­zt. hier. in diesem moment. keinen einzi­gen.

dabei ist das alles so alt. dass die elek­triz­ität in die sprache, in die schrift, ins büch­er machen geschossen ist. weit über hun­dert jahre ist das so. aber ein­mal ist, dass nun über zwei jahrzehnte hin­weg es nicht gelun­gen ist, das zu unterbinden, was in dieser art dat­en und infor­ma­tio­nen auszu­tauschen ganz eigen­tüm­lich ist: den rück­kanal. in dem, was wir bis heute “inter­net” nen­nen, kön­nen ganz viele men­schen mit ganz vie­len men­schen “reden”, aus­tauschen, kom­mun­zieren. sehr zeit­nah. das ist ein­ma­lig. das ist neu. das ist nun wirk­lich etwas bahn­brechend anderes. nein: ganz anders. nein: noch viel mehr anders, als wir uns das vorstellen kön­nen.

irri­tierend ist ins­beson­dere, dass wir wis­sen, dass seit dieser zeit etwas zusät­zlich­es dazugekom­men ist. ein etwas, was mitkom­mun­ziert. es sind die com­put­er selb­st. es sind daten­banken. es sind pro­gramme. wir haben noch keine ahnung, was uns passiert ist. und ich ver­traue keinem einzi­gen, welch­er behauptet, er (oder sie!) hat­te es ver­standen. sie kön­nte es erk­lären. sie hätte in dieser sache irgend etwas hand­festes zu sagen.

aber ich weiss, es ist anders.
ich weiss, es hat sich etwas ganz grundle­gen­des verän­dert.

das heisst nicht, dass ich die altvorderen nicht mehr zu lesen brauche. (ganz im gegen­teil.) aber ich weiss auch, dass ich sie nicht auswendig zu ler­nen brauche. ich muss vielmehr mit “offen­em herzen” durch ihre gedanken wel­ten gehen. weil ich ja weiss, dass sie auch men­schen waren. auch kör­p­er hat­ten. auch bedin­gun­gen des lebens aus­ge­set­zt waren, wie ich es bin.

geld­sor­gen. rep­u­ta­tion­säng­ste. beziehung­sprob­leme.
kleinkram. ohne jedes ende.
schlafen. essen. beten.
ver­rück­te kör­per­glieder. ver­rück­te für wahr nehmung. ver­rück­te kun­den.
feten. katas­tro­phen. meuten.
zip­perchen. leere bat­te­rien. kein inter­net-access.
solch­es zeugs halt. ohne jedes ende.

es war diese art der kom­mu­nika­tion, welche mit dem buch­druck möglich gewor­den ist, dass dat­en, infor­ma­tio­nen, wis­sen sich in ein­er mas­siv­en, robusten, pen­e­tran­ten weise zu ent­fal­ten begonnen hat, dass ein­fach jed­er gedanke, welch­er irgend­wie denkbar scheint — und auch die anderen — expliziert scheint. in den sozial­wis­senschaftlichen forschun­gen, wür­den wir jeden­falls von “sät­ti­gung” reden. es scheint so, dass die expliziertheit von für men­schen möglich­es denken “gesät­tigt” ist. und ihre prak­tikent eben­so. was men­schen tun kön­nen, haben sie getan. es ist genug. (ok. ich kön­nte auch mal noch pro­bieren, im hand­stand zu essen. aber das hat sich­er auch schon mal wer gemacht und muss wohl nicht so toll gewe­sen sein. son­st gäbe es sich­er weit­er­bil­dungskurse und weltweit geschützte erfind­un­gen von spezialbesteck und hal­li­hal­lo. kurzum. ich will sagen: es ist genug. und das muss reichen.)

ergodische systeme

ich kann nun ethisch rumm­lab­bern. ich kann per­vers tun.
alles geht. nur was nicht geht, geht nicht. und darum geht es: was tun?

nach #kri­tik wird #kon­stel­la­torik kom­men. aber da sind “wir” uns noch nicht einig.

https://twitter.com/sms2sms/status/673632501319999492

https://twitter.com/sms2sms/status/691338365334065152


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