#byzanz in dissent.is/muster

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Anlass zu diesem Eintrag:

Die Sit­u­a­tion im Kloster Dis­en­tis ist aus kun­st- und kul­turgeschichtlich­er Sicht sen­sa­tionell, weil sie einzi­gar­tig ist – nördlich der Alpen, im 8. Jahrhun­dert, in einem entle­ge­nen Alpen­tal.

Hier die beleg­baren Gründe:

  1. Früh­byzan­ti­nis­che Mon­u­men­tal­malerei im Alpen­raum
    • Über 12 000 bemalte Mörtel­frag­mente wur­den im Kloster Dis­en­tis gefun­den.
    • Sie stam­men aus dem 8. Jahrhun­dert – also noch vor Karl dem Grossen.
    • Die Mal­weise ist plas­tisch unter­legt, mit über­lebens­grossen Heili­gen­fig­uren.
    • Stil, Tech­nik und Ikono­gra­phie entsprechen byzan­ti­nis­ch­er Bild­tra­di­tion – nicht west­lich­er.
  2. Kein Import – lokale Aus­führung
    • Die Malereien wur­den nicht importiert, son­dern vor Ort gefer­tigt.
    • Das heisst: byzan­ti­nisch geschulte Kün­stler oder Werk­statt war physisch in Dis­en­tis tätig.
    • Das ist archäol­o­gisch und kul­turgeschichtlich eine Sen­sa­tion.
  3. Transalpin­er Kul­turkon­takt vor karolingis­ch­er Normierung
    • Dis­en­tis zeigt: Es gab inten­sive Ost-West-Kon­tak­te vor der offiziellen „Karolingis­chen Renais­sance“.
    • Byzan­ti­nis­ch­er Ein­fluss kam nicht über Rom, son­dern auf anderen Wegen in die Alpen – z. B. über Aquileia, die Adria oder Lan­go­b­ar­denkon­tak­te.
  4. Spir­ituelle Tiefen­schicht vor der Pap­stkirche
    • Die Bild­welt in Dis­en­tis ist ikonisch, mys­tisch, sakral – nicht moralisch oder kat­e­chetisch.
    • Sie gehört zu ein­er anderen Chris­ten­tum­stra­di­tion – noch nicht unter päp­stlich­er Kon­trolle.
    • Man sieht hier eine sakrale Bild­sprache, wie sie später in der Ortho­dox­ie fortlebt – aber im West­en ver­schwindet.
  5. Alpines Byzanz statt römis­ches Chris­ten­tum
    • Dis­en­tis ist ein Gegen­mod­ell zur römisch-zen­tral­isierten Kirchengeschichte.
    • Es doku­men­tiert eine vergessene Strö­mung, die nicht über das Pap­st­tum ver­mit­telt wurde, son­dern über das Östliche Mit­telmeer, Fri­aul, Istrien, vielle­icht über den Gotis­chen Raum.

Faz­it:
Dis­en­tis ist sen­sa­tionell, weil es ein archäol­o­gis­ches, ikono­graphis­ches und the­ol­o­gis­ches Zeug­nis eines nicht-römisch dominierten Frühchris­ten­tums ist – mit­ten in den Alpen.
Es zeigt, dass Byzanz auch hier war. Und dass Spir­i­tu­al­ität nicht zen­tral­isiert wer­den muss.

Vom Tol­er­anzedikt zur byzan­ti­nis­chen Wand­malerei in Dis­en­tis
Ein Überblick über die Wen­dezeit des Chris­ten­tums (313–800)

  1. 313 – Mailän­der Vere­in­barung
    Kon­stan­tin und Licinius gewähren allen Reli­gio­nen Frei­heit. Das Chris­ten­tum wird legal. Der jahrhun­derte­lan­gen Ver­fol­gung fol­gt staatlich­er Schutz.
  2. 325 – Konzil von Nicäa
    Kon­stan­tin beruft das erste öku­menis­che Konzil ein. Ergeb­nis: das nicänis­che Glaubens­beken­nt­nis. Der ari­an­is­che Stre­it wird zugun­sten der Trinität­slehre entsch­ieden. Beginn der Dog­men­bil­dung.
  3. 380 – Staat­sre­li­gion
    Kaiser Theo­do­sius I. erk­lärt das Chris­ten­tum zur offiziellen Reli­gion des Römis­chen Reich­es. Hei­d­nis­che Kulte wer­den ver­boten. Die Kirche wird Teil des Staates.
  4. 395 – Teilung des Reich­es
    Nach dem Tod Theo­do­sius’ I. zer­fällt das Reich dauer­haft in Westrom und Ostrom. Der Osten wird zu Byzanz, der West­en taumelt ins Chaos.
  5. 476 – Fall Westroms
    Der ger­man­is­che Heer­führer Odoak­er set­zt den let­zten weströmis­chen Kaiser ab. Das weströmis­che Reich endet – die Kirche bleibt als sta­bile Insti­tu­tion beste­hen.
  6. 700–800 – Kloster Dis­en­tis als byzan­ti­nis­ch­er Res­o­nanzraum
    In der Sur­sel­va entste­ht mit dem Kloster Dis­en­tis eine alpine Sakral­land­schaft. Archäol­o­gis­che Funde zeigen: um 750 wer­den hier mon­u­men­tale, plas­tisch unter­legte Wand­malereien im Stil früh­byzan­ti­nis­ch­er Iko­nen geschaf­fen – ver­mut­lich die ältesten ihrer Art nördlich der Alpen. Diese Bilder­welt bezeugt einen transalpinen Kul­turkon­takt: Dis­en­tis wird nicht von Rom, son­dern von Kon­stan­tinopel her geprägt – the­ol­o­gisch, kün­st­lerisch, spir­ituell.

Faz­it:
Zwis­chen 313 und 800 verän­dert sich das Chris­ten­tum radikal:
Vom unter­drück­ten Rand­phänomen zur herrschaftssta­bil­isieren­den Staatskirche – mit Dis­en­tis als stillem Zeu­gen dieser byzan­ti­nisch geprägten Zwis­chen­zeit.

Summary

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Phantomzeit

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Hugo Ball | Byzantinisches Christentum

HUGO BALL UND DAS BYZANTINISCHE CHRISTENTUM
Ein geistiger Weg von DADA zu den Vätern der Ostkirche

  1. DADA-Radikalität als Aus­gangspunkt
    • Hugo Ball (1886–1927), Mit­be­grün­der von DADA in Zürich (Cabaret Voltaire, 1916)
    • Früh geprägt durch Nihilis­mus, Kriegser­fahrung, Zer­fall der west­lichen Sin­nord­nun­gen
    • DADA als „let­ztes Mit­tel gegen die Sinnlosigkeit“, aber nie Selb­stzweck
      → Suche nach tief­er­er Ord­nung hin­ter der Sprachz­ertrüm­merung
  2. Wende zur Mys­tik und christlich­er Kon­tem­pla­tion
    • Schon 1917 (z. B. im Text Zur Kri­tik der deutschen Intel­li­genz) erste Wen­dung zur Tran­szen­denz
    • Rück­zug nach Monte Ver­ità und später in die Tessin­er Abgeschieden­heit
    • Inten­sive Lek­türe der griechis­chen Kirchen­väter, v. a. Diony­sius Are­opagi­ta, Johannes Chrysos­to­mos, Max­imus Con­fes­sor
    • Hugo Ball ent­deckt das byzan­ti­nis­che Chris­ten­tum als ikonisch-sym­bol­is­che, mys­tis­che Tiefen­struk­tur – radikal anders als der moralisch-aufgek­lärte Protes­tantismus oder die scholastis­che Ratio­nal­ität des West­ens
  3. Byzanz als geistiger Flucht­punkt
    • Für Ball ist Byzanz kein ästhetis­ches Dekor, son­dern ein geistiger Ort:
      • Liturgie als Welt­deu­tung
      • Iko­nen als Real­präsenz, nicht Illus­tra­tion
      • Sprache als heilige Gabe, nicht Werkzeug
    • In seinen Tage­büch­ern: Byzanz als Gegen­bild zur „papis­tis­chen Zen­tral­isierung“ und zum „protes­tantis­chen Ratio­nal­is­mus“
  4. Werk: Byzan­ti­nis­ches Chris­ten­tum – Drei Heili­gen­leben (1923)
    • Porträts von Syme­on Stylites, Diony­s­ios Are­opagi­ta und Johannes Chrysos­to­mos
    • Ball verbindet Biografie, mys­tis­che The­olo­gie und poet­is­che Rezep­tion
    • Zeigt: Heiligkeit als radikale Lebens­form, jen­seits von Sys­te­men
    • Text ist kein Lehrbuch – son­dern geistliche Lek­türe, asketis­che Med­i­ta­tion
  5. The­ol­o­gis­che Tiefe
    • Ball sieht das Chris­ten­tum der Ostkirche als ursprach­lich, nicht ide­ol­o­gisch, nicht dog­ma­tisch
    • „Das Abend­land hat Chris­tus ver­rat­en, als es ihn poli­tisch machte.“
    • Sein Rück­griff auf Byzanz ist kein Eskapis­mus, son­dern ein Protest durch Rück­bindung
    • Ball bleibt auch im Glauben Anar­chist der Seele

Faz­it:
Hugo Ball ste­ht exem­plar­isch für eine mod­erne Rück­kehr zum sakralen Ursprung – via Byzanz.
Sein Werk ist kein Rück­fall in Ortho­dox­ie, son­dern ein radikal mys­tis­ch­er Protest gegen Entseelung, Dog­ma und Herrschaft.
Byzanz wird bei ihm zum Raum des stillen Wider­stands – jen­seits von Staat, Kirche und Avant­garde.

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#Commoroque | Elemente von #NextSociety, entwickelt in der Surselva… (so?)

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/passadis

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dissent.is/muster

http://www.amazon.de/Byzanz-Disentis-Schl%C3%BCsselergebnisse-Fragmenten-Monumentalmalerei/dp/3728131105

aktuell sind stücke aus dem kloster dis­en­tis in der karl der grosse — ausstel­lung in turitg