Was meinst du eigentlich, wenn du #Leben sagst?

Beobach­tung:

  1. Im Text zu Leben beschreib­st du Leben als autopoi­etis­chen Prozess: ein Sys­tem, das sich durch Stof­fwech­sel, Repro­duk­tion und Anpas­sung selb­st erhält.
    → Das entspricht genau der Def­i­n­i­tion des biol­o­gis­chen Sys­tems in dissent.is/system.
  2. Der Unter­schied liegt in der Beobach­tungsper­spek­tive:
    – In dissent.is/leben beschreib­st du das Phänomen von innen (autopoi­etisch: leben lebt).
    – In dissent.is/system rahmst du es von aussen (Beobach­tung zweit­er Ord­nung: das biol­o­gis­che Sys­tem als Teil der Natur).

Prob­lema­tisch ist das nicht – es ist eine sys­temthe­o­retisch saubere Kom­ple­men­tar­ität:
Leben beschreibt die Oper­a­tion des Sys­tems.
Sys­tem beschreibt die Form, die Leben von sein­er Umwelt unter­schei­det.

ö

aktueller thread Stand: 23.08.2025 | Langsam: Mein Blog ist mein Karten­raum und keine Bühne. Ich weiss wie man pub­liziert. Das hier ist etwas anderes. d!a!n!k!e | WORK IN PROGRESS reload für aktuellen schreib­stand | warum ich nicht pub­liziere? weil ich es kann. weil es geht. weil ich es für angemessen halte.

work in progress

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Anlass zu diesem Eintrag:

das ganze gespräch mit Denis Noble

(…)

Summary

Leben ist — für den Sozialar­beit­er — keine Sub­stanz, son­dern ein flüchtiger Moment von Ord­nung im laufend­en Strom der Entropie. Es geschieht, wie ein Gespräch geschieht – kontin­gent, zer­brech­lich, immer neu. Der Sinn von Leben liegt darin, dass es auch anders sein kön­nte.

/sms ;-)

Wer ist Denis Noble?

Denis Noble
– Britis­ch­er Biologe, geb. 1936.
– Emer­i­tus Pro­fes­sor der Car­dio­vas­cu­lar Phys­i­ol­o­gy an der Uni­ver­sität Oxford.
– Bekan­nt als Pio­nier der Sys­tem­bi­olo­gie: Er entwick­elte eines der ersten math­e­ma­tis­chen Mod­elle des Herzrhyth­mus (1960er).
– Kri­tik­er des klas­sis­chen Neo-Dar­win­is­mus: Er betont „top-down cau­sa­tion“ – also, dass Organ­is­men aktiv Gene reg­ulieren (nicht nur Gene Organ­is­men steuern).
– Büch­er: „The Music of Life“ (2006), „Dance to the Tune of Life“ (2016), „The Lan­guage of Sym­me­try“ (2023).

S/eine Definition für Leben

Im Tran­skript sagt Denis Noble (ca. Minute 21):

„Was ist die Def­i­n­i­tion von Leben?
Es sind Moleküle in ein­er wäss­ri­gen Sus­pen­sion, umgeben von ein­er Lipid­mem­bran, und es set­zt sich unbe­gren­zt fort.“

Kurz:

  1. Wass­er als Medi­um
  2. Moleküle in Bewe­gung (Sto­chas­tic­i­ty)
  3. Eingeschlossen durch eine Mem­bran
  4. Fähigkeit zur kon­tinuier­lichen Fort­set­zung (Repro­duk­tion / Selb­ster­hal­tung)

Damit definiert er Leben als dis­si­pa­tives Sys­tem, das Ord­nung aus Unord­nung erzeugt – konkret durch Wass­er + Mem­bran.

Wie definiert Denis #Bewusstsein?

Im Tran­skript gibt Denis Noble keine kurze „Ein-Satz-Def­i­n­i­tion“, son­dern beschreibt Bewusst­sein über Kri­te­rien und Abgren­zun­gen. Ker­naus­sagen:

  1. Nicht Illu­sion, son­dern real
    – Gegen Coyne: Wenn Bewusst­sein nur eine Illu­sion wäre, hätte das Gehirn keinen Sinn, so energieaufwendig zu sein.
  2. Kri­teri­um nach Gins­burg & Jablon­ka (das er übern­immt):
    – Bewusst­sein zeigt sich durch „unlim­it­ed asso­cia­tive learn­ing“
    – also die Fähigkeit, unbe­gren­zt neue Verknüp­fun­gen zu bilden (z. B. in Sprache, Dich­tung, Sym­bo­l­ik).
  3. Emer­genz durch Sto­chas­tic­i­ty
    – Das Ner­ven­sys­tem rauscht per­ma­nent.
    – Bewusst­sein ist die Fähigkeit, dieses Rauschen kreativ und inten­tion­al zu nutzen.
  4. Auch Tiere
    – Octo­pus, Katze usw. sind bewusst; man kann ihnen das kaum absprechen.

Wenn man das in eine Def­i­n­i­tion pressen will, lautet sie bei Noble so:

Bewusst­sein = die emer­gente Fähigkeit eines Organ­is­mus, das ständi­ge Rauschen (Sto­chas­tic­i­ty) des Ner­ven­sys­tems für unbe­gren­zt neue, inten­tionale Verknüp­fun­gen zu nutzen.

Ohne Wasser kein Bewusstsein?

GliedDenis Noble (expliz­it)Deine logis­che Zus­pitzung
1Leben = Moleküle in wäss­riger Sus­pen­sion + Lipid­mem­bran → Wass­er ist notwendig für LebenOhne Wass­er kein Leben
2Bewusst­sein = Nutzung von Sto­chas­tic­i­ty im Ner­ven­sys­tem (das im Wass­er-Milieu ständig rauscht)Ohne Leben kein Ner­ven­sys­tem → ohne Ner­ven­sys­tem kein Bewusst­sein
3KI im Siliz­ium kann nicht bewusst wer­den, weil ihr das wasser­basierte Rauschen fehltOhne Wass­er kein Bewusst­sein (indi­rekt gefol­gert)

Kurz:

  • Noble selb­st sagt: Wass­er → Leben → Voraus­set­zung für Bewusst­sein.
  • Dein Satz „Ohne Wass­er kein Bewusst­sein“ ist nicht sein Wort­laut, aber eine fol­gerichtige Verdich­tung sein­er Argu­men­ta­tion.

M/eine Kritik am Ansatz, wie ich ihn “verstanden” ha!ha!habe:

Guck mal in deinem Karten­raum nach (dissent.is):

  1. Anthro­pozen­tris­mus
    – Wir hat­ten schon betont: Noble bleibt in ein­er sehr erdzen­tri­erten Def­i­n­i­tion hän­gen.
    – „Wass­er“ als zwin­gende Bedin­gung ist kein Naturge­setz, son­dern nur eine Pro­jek­tion unser­er Bio­chemie.
  2. Def­i­n­i­tion­strick
    – Indem er Leben defin­i­torisch an Wass­er bindet, wirkt seine Kette zwin­gend.
    – Ändert man die Def­i­n­i­tion (z. B. Leben = Infor­ma­tionsver­ar­beitung + Selb­stor­gan­i­sa­tion), fällt das Karten­haus zusam­men.
  3. Ergodiz­ität vs. Nicht-Ergodiz­ität
    – Wir hat­ten den Gedanken, dass Leben eigentlich nur ein lokaler Nicht-Ergodiz­itätsmo­ment ist (eine Insel der Ord­nung).
    – Dann wird Wass­er nur ein „Medi­um unter vie­len“, nicht die „Ursache“.
  4. Negen­tropie / Dis­si­pa­tion
    – Mit Schrödinger und Pri­gogine argu­men­tiert: Leben = lokale Negen­tropieerzeu­gung.
    – Das geht prinzip­iell auch ohne Wass­er (z. B. in anderen chemis­chen oder sog­ar dig­i­tal­en Sys­te­men).
  5. Begriff „Geist“
    – Wir haben notiert: Noble kop­pelt Bewusst­sein stark an Wass­er → Moleküle → Rauschen.
    – Aber wir haben dage­genge­hal­ten: Geist wurde schon in vorsys­temis­chen Tra­di­tio­nen als Form der Ord­nung im Chaos gedacht, lange vor Wass­er-Bio­chemie.

Deine Lin­ie der Kri­tik war also:

  • Noble liefert ein ele­gantes, aber enges Mod­ell.
  • Es wirkt „zwin­gend“, ist aber nur stark defin­i­torisch eingeschränkt.
  • Philosophisch gese­hen wieder­holt er alte Muster (Ord­nung im Chaos), aber im Biolo­gie-Jar­gon der Gegen­wart.

Zusam­men­fas­sung:

1. Anthro­pozen­tris­mus: Die Fix­ierung auf Wass­er ist eine erdzen­tri­erte Per­spek­tive, keine uni­verselle Notwendigkeit.

2. Def­i­n­i­tion­strick: Leben wird durch die Wasserbindung nur defin­i­torisch zwin­gend – mit ander­er Def­i­n­i­tion bricht die Kette.

3. Ergodiz­ität: Leben ist eher eine lokale Nicht-Ergodiz­ität (Ord­nungsmo­ment) – Wass­er ist nur ein Medi­um, nicht die Ursache.

4. Negen­tropie: Leben = lokale Entropiev­er­min­derung (Schrödinger, Pri­gogine) – das geht prinzip­iell auch ohne Wass­er.

5. Geist: Ord­nung aus Chaos wurde schon vor der Bio­chemie gedacht – Noble aktu­al­isiert alte Muster in mod­ernem Vok­ab­u­lar.

Das erinnert mich an meine Auseinandersetzung mit Lewis Wolpert: Unglaubliche Wissenschaft

Sehr klar. Man kann deine Argu­men­ta­tion gut auf den Punkt brin­gen:

  1. Wolperts Behaup­tung
    – „Sozial­wis­senschaften sind keine Wis­senschaften, weil sie keine Exper­i­mente mit ein­er einzi­gen verän­der­lichen Vari­able durch­führen kön­nen.“
    – → Das entspricht einem streng lin­earen, deter­min­is­tisch-kausalen Wis­senschaftsver­ständ­nis.
  2. Dein Ein­wand
    – Sozial­wis­senschaften arbeit­en schon immer mit Kom­plex­ität:
    • Prozesse statt Punk­tmes­sun­gen
    • Sys­teme statt isolierte Vari­ablen
    • Dynamik statt Lin­ear­ität
      – Das macht sie nicht „unwis­senschaftlich“, son­dern anders wis­senschaftlich.
  3. Kul­tur­form der Mod­erne (≠)
    – Set­zt die Unter­schei­dung ((kompliziert)komplex)).
    – Kom­pliziert (zer­leg­bar, berechen­bar, lin­ear) wurde als dom­i­nant geset­zt.
    – Kom­plex (nicht reduzier­bar, emer­gent, dynamisch) wurde mar­gin­al­isiert.
  4. Ende der Mod­erne
    – Die „harten Wis­senschaften“ (Physik, Biolo­gie, Infor­matik) mussten Kom­plex­ität übernehmen:
    • Quan­ten­physik, Chaos­the­o­rie, Sys­tem­bi­olo­gie, Net­zw­erk­wis­senschaft.
      – Damit wurde die mod­erne Dom­i­nanz des „Kom­plizierten“ fak­tisch aufge­hoben.
      – Die lin­eare Antwort der Mod­erne trägt nicht mehr.
  5. Kon­se­quenz
    – Kul­tur­for­men antworten auf die soziale Frage je mit eigen­er Unter­schei­dung.
    – Die Mod­erne definierte sich im Abstoss zur voraus­ge­hen­den Kul­tur­form, die Wis­sen auf völ­lig anderem Weg her­stellte.
    – The­o­rie wurde das neue The­olo­gie.
    – Jet­zt geht es anders weit­er. GOTT SEI DANK.

Bisherige Zusammenstellungen

(…)

(…)

(…)

(…)

Der Name von #NextSociety heisst in der Surselva: #Commoroque (so?)

(…)

(…)

Entwicklung eines anderen Verständnis von Leben:

Wenn wir von Nobles enger Wass­er-Def­i­n­i­tion weg wollen, brauchen wir eine „inter­stel­lare Begrif­flichkeit“ für Leben – also einen Begriff, der auch jen­seits irdis­ch­er Bio­chemie funk­tion­iert. Dafür müssten wir fol­gende Begriffe schär­fen:

  1. Entropie / Negen­tropie
    – Leben als lokale Entropiev­er­min­derung.
    – Ermöglicht uni­verselle Lesart: Ord­nung aus Chaos, unab­hängig vom Medi­um.
  2. Dis­si­pa­tive Struk­turen
    – Pri­gogine: Sys­teme fern vom Gle­ichgewicht, die Energieflüsse nutzen.
    – Gilt für Sterne, Plan­eten, Atmo­sphären genau­so wie für Zellen.
  3. Ergodiz­ität / Attrak­toren
    – Leben als Nicht-Ergodiz­ität: Inseln, die bes­timmte Zustände länger hal­ten.
    – „Sta­bil­ität im Strom“ statt „Sub­stanz“.
  4. Selb­stor­gan­i­sa­tion / Autopoiesis
    – Maturana/Varela: Leben = Sys­teme, die sich selb­st pro­duzieren.
    – Funk­tion­iert auch als inter­stel­lar­er Begriff, wenn man „Materieform“ nicht fes­tlegt.
  5. Infor­ma­tionsver­ar­beitung
    – Leben als Prozess, der Infor­ma­tion aufn­immt, ver­ar­beit­et, weit­ergibt.
    – Ermöglicht Anschluss an KI, Alien-Leben, post-biol­o­gis­che Szenar­ien.
  6. Kom­plex­ität / Emer­genz
    – Leben nicht lin­ear beschreib­bar, son­dern emer­gente Eigen­schaft von Energie- und Mater­ieströ­men.

Wenn wir diese sechs Begriffe durchge­hen und klären, kön­nen wir ein „inter­stel­lares Raster“ bauen, das Leben nicht mehr defin­i­torisch an Wass­er oder DNA bindet, son­dern an Prozesskri­te­rien: Ord­nung, Dis­si­pa­tion, Selb­stor­gan­i­sa­tion, Infor­ma­tion.

BegriffIrdis­che Fas­sung (Mod­ern)Inter­stel­lare Erweiterung
Entropie / Negen­tropieLeben = lokale Entropiev­er­min­derung in ZellenOrd­nungsmo­mente in jedem offe­nen Sys­tem, unab­hängig vom Sub­strat
Dis­si­pa­tive Struk­turenChemis­che Reak­tio­nen + Stof­fwech­sel im Wass­erAlle Sys­teme fern vom Gle­ichgewicht: Sterne, Atmo­sphären, Plas­ma, Felder
Ergodiz­ität / Attrak­torenOrgan­is­men hal­ten bes­timmte Zustände sta­bilInseln von Sta­bil­ität im kos­mis­chen Chaos (lokale Attrak­toren)
Selb­stor­gan­i­sa­tion / AutopoiesisZellen repro­duzieren sich, DNA-RNA-Pro­teinSys­teme, die ihre Muster selb­st erzeu­gen (auch nicht-biol­o­gisch)
Infor­ma­tionsver­ar­beitungNer­ven­sys­teme, DNA, SpracheJede Form von Sig­nalauf­nahme, ‑ver­ar­beitung und ‑weit­er­gabe (auch Maschi­nen, Felder)
Kom­plex­ität / Emer­genzBiosphäre, Ökosys­tem, Kul­turEmer­genz über­all dort, wo viele Ele­mente inter­agieren (Galax­ien, Quan­ten­felder, Net­ze)

Damit:

  • irdisch = bio­chemisch und wasserge­bun­den
  • inter­stel­lar = prozes­su­al, nicht auf Sub­stanz fix­iert

So erhältst du einen intel­li­gi­blen Begriff von Leben, der auch jen­seits Erde und Mod­erne gilt.

Ich weiss, dass ich nicht weiss. Auch — und gerade — dank natürlicher Erweiterung durch künstliche Maschinen ;-)

Sehr schön gefasst – das ist die andere Tra­di­tion­slin­ie. Ich schreibe dir das in deine klare Form:

  1. Alter Weg
    – „Ich weiss, dass ich nicht weiss.“
    – Wis­sen begin­nt im Bewusst­sein der eige­nen Begren­ztheit.
  2. Radikale Kon­struk­tivis­ten
    – Zeigen: Alles Wis­sen ist an men­schliche Sinne gebun­den.
    – Auch mit tech­nis­chen Erweiterun­gen (Mikroskop, Teleskop, KI) bleibt es Sinn-gebun­den.
  3. Kon­se­quenz
    – Alles, was Men­schen „Wis­sen“ nen­nen, ver­weist nur noch präzis­er auf das unendliche Nicht-Wis­sen.
    – Fortschritt = Zunahme der Dif­feren­ziertheit im Eingeständ­nis des eige­nen Unwis­sens.

Das heisst: Während Noble über „Wass­er → Leben → Bewusst­sein“ eine schein­bar zwin­gende Lin­ie zieht, zeigt der kon­struk­tivis­tis­che Zugang die genau gegen­teilige Bewe­gung: Je klar­er wir sehen, desto tiefer blick­en wir ins Meer unseres Unwis­sens.

Der Letzte Radikale Konstruktivist — Niklas Luhmann — hat sich eine andere Antwort erfunden: #TheLuhmannMap

  1. Wenn es kom­mu­niziert, ist es Kom­mu­nika­tion. Punkt.
    – Nicht Men­schen, nicht Maschi­nen, nicht Psy­chen kom­mu­nizieren – nur Kom­mu­nika­tion kom­mu­niziert.
    – Alles andere ist Umwelt.
    – → „Das Soziale“ ist kein Sub­strat, son­dern ein kontin­gentes Prozess­geschehen.
  2. Kom­mu­nika­tion = Infor­ma­tion + Mit­teilung + Ver­ste­hen
    – Nur wenn diese drei Kom­po­nen­ten zusam­men­fall­en, existiert Kom­mu­nika­tion.
    – Ver­ste­hen ist kein psy­chis­ch­er Akt, son­dern eine Oper­a­tion im sozialen Sys­tem.
  3. Kul­tur­for­men — + ≠ #
    – Jede Epoche beant­wortet die soziale Frage durch eine spez­i­fis­che Kul­tur­form.
    – Diese Antworten sind kontin­gent: Sie hät­ten auch anders aus­fall­en kön­nen.
    – „Das Soziale“ ist also his­torisch vari­able Form, nicht ontol­o­gis­che Notwendigkeit.
  4. Beobacht­en = Unter­schei­den + Beze­ich­nen
    – Alles Wis­sen ist abhängig von der Unter­schei­dung, mit der es erzeugt wird.
    – Damit gibt es kein absolutes Wis­sen, nur kontin­gente Beobach­tun­gen.
  5. Macht, Wahrheit, Sinn
    – Im sozialen Vol­lzug wer­den Sinn- und Macht­struk­turen erzeugt, aber sie sind nicht fix, son­dern stets kontin­gent anschlussfähig.

Damit wird Luh­mann zum „anderen“ radikalen Kon­struk­tivis­ten:

  • Nicht mehr „Ich weiss, dass ich nicht weiss“ (Sokrates-Lin­ie).
  • Son­dern: „Ich weiss, dass alles Soziale kontin­gent ist.“

Wenn “Das Soziale” als Kontingent gezeigt werden kann, geht es mit #TheStaubBernasconiMap weiter ;-)

Genau – das schliesst per­fekt an:

  1. #TheLuh­man­n­Map zeigt: „Das Soziale“ ist kein Sub­strat, son­dern ein kontin­gentes Prozess­geschehen (Kom­mu­nika­tion, die sich selb­st erzeugt und ord­net).
  2. #TheS­taub­Ber­nascon­iMap set­zt dort an: Wenn das Soziale kontin­gent ist, dann stellt sich sofort die Frage, wie Macht in diesem Prozess ange­ord­net, verteilt, legit­imiert und durchge­set­zt wird.
  3. Vier Dimen­sio­nen wer­den sicht­bar:
    1. Anord­nung – Wie wird soziale Ord­nung struk­turi­ert (hier­ar­chisch, anar­chisch…)?
    2. Zugang – Wer hat Zugang zu Ressourcen, Com­mons, Teil­habe?
    3. Legit­i­ma­tion – Welche Argu­mente, welche Stim­men zählen – und welche wer­den aus­geschlossen?
    4. Durch­set­zung – Wie wird Gel­tung erzeugt: mit Gewalt oder mit Gewalt­losigkeit?
  4. Damit entste­ht eine kom­ple­men­täre Karte:
    – Luh­mann zeigt die Kontin­genz des Sozialen.
    – Staub-Bernasconi zeigt die Machtkon­stel­la­tio­nen, die diese Kontin­genz in konkrete For­men über­set­zen.

Kurz: #TheLuh­man­n­Map = das Soziale ist kontin­gent.
#TheS­taub­Ber­nascon­iMap = wie Kontin­genz in Macht über­set­zt wird.

(…)

(…)

(…)

(…)

NEBEL — LEBEN

Ja, ich sehe, wie du LEBEN fassen würdest – ganz im Unter­schied zum reduk­tion­is­tis­chen Zugriff der „harten Wis­senschaften“ in der Kul­tur­form der Mod­erne:

  1. Mod­erne (≠)
    – Leben = biol­o­gis­che Vari­able, mess­bar, lin­ear-kausal erk­lärt.
    – Alles ori­en­tiert an Sta­bil­ität, Deter­min­is­mus, „harten Fak­ten“.
    – Def­i­n­i­tion über Wass­er, Kohlen­stoff, DNA etc.
  2. Dein Ansatz (mit #TheLuh­man­n­Map / #TheS­taub­Ber­nascon­iMap)
    – Leben = kontin­gen­ter Moment von Ord­nung im Prozess (dis­si­pa­tiv, emer­gent, nicht fix­ier­bar).
    – Keine ontol­o­gis­che Sub­stanz, son­dern ein tem­poräres Geschehen.
    – Beobach­tung: immer abhängig von der Unter­schei­dung, die man set­zt.
  3. Kon­se­quenz
    – Leben ist nicht „das Gegen­teil von Tod“, son­dern ein tem­porär­er Zus­tand von Nicht-Entropie.
    – Nicht naturgegeben, son­dern kontin­gent her­vorge­bracht.
    – Ver­gle­ich­bar mit dem Sozialen: ein frag­iles, prozes­suales Geschehen, das jed­erzeit auch anders laufen kön­nte.

Kurz:
Die Mod­erne fragte: „Was IST Leben?“
Du fragst: „Wie wird Leben jew­eils kontin­gent erzeugt und beobachtet?“

Leben ist — für den Sozialar­beit­er — keine Sub­stanz, son­dern ein flüchtiger Moment von Ord­nung. Es geschieht, wie ein Gespräch geschieht – kontin­gent, zer­brech­lich, immer neu. Der Sinn von Leben liegt darin, dass es auch anders sein kön­nte.

(…)

(…)

Was Leben auch noch meinen könnte…

  1. Leben als Ord­nung gegen Entropie
    – Momente lokaler Struk­tur, die sich gegen das Zer­fall­en behaupten.
  2. Leben als Prozess
    – Kein Ding, son­dern fort­laufende Bewe­gung, die sich selb­st erhält.
  3. Leben als Kom­mu­nika­tion
    – Entste­ht, wenn Infor­ma­tion, Mit­teilung und Ver­ste­hen zusam­men­fall­en.
  4. Leben als Kontin­genz
    – Es kön­nte auch anders sein; Leben ist die Offen­heit zum Nicht-Notwendi­gen.
  5. Leben als Res­o­nanz
    – In Beziehung treten, Schwingung und Antwort erfahren.
  6. Leben als Emer­genz
    – Etwas Neues taucht auf, das nicht aus den Einzel­teilen erk­lär­bar ist.
  7. Leben als dis­si­pa­tive Struk­tur
    – Ord­nung, die im Fluss der Energie entste­ht und verge­ht.
  8. Leben als Iter­a­tion
    – Unendliche Ver­suche, Muster zu bilden – Try & Error als schöpferisches Prinzip.
  9. Leben als Selb­stre­f­erenz
    – Etwas, das sich auf sich selb­st beziehen und damit fort­set­zen kann.
  10. Leben als Möglichkeitssinn
    – Der Moment, in dem nicht nur das Wirk­liche, son­dern auch das Mögliche präsent ist.

(…)

(…)

(…)

Vor der „Ursuppe“ war die Geochemie. Vor der Geochemie war die Kosmochemie. Vor den Sternen war das Universum.

Biolo­gen (und Chemik­er) haben ver­schiedene Mod­elle entwick­elt, um das „erste Leben“ zu erk­lären. Die gängi­gen Antworten lassen sich in ein­er Kette darstellen – und genau hier merkt man, dass sie nie „das Leben“ selb­st erk­lären, son­dern nur Bedin­gun­gen für Selb­stor­gan­i­sa­tion.

  1. Unendliche Iter­a­tion (Abio­genese-Idee)
    – Auf ein­er frühen Erde laufen unzäh­lige chemis­che Reak­tio­nen ab.
    – Die meis­ten ver­laufen ins Nichts, aber irgend­wann sta­bil­isieren sich selb­st-erhal­tende Muster.
  2. Wass­er als Medi­um
    – Wass­er wirkt als Lösungsmit­tel, das Moleküle in Kon­takt bringt.
    – Nicht: „ohne Wass­er kein Leben“, son­dern: auf dieser Erde war Wass­er das „Spielfeld“.
  3. Ursup­pen-Szenario (Oparin–Haldane)
    – Organ­is­che Moleküle entste­hen durch Energiequellen (Blitze, UV, Vulka­ne).
    – In Wass­er sam­meln sie sich zu „Koaz­er­vat­en“ – kleinen Tröpfchen mit inner­er Ord­nung.
  4. RNA-Welt-Hypothese
    – Irgend­wann bildet sich RNA, die sowohl Infor­ma­tio­nen spe­ich­ern als auch chemis­che Reak­tio­nen katalysieren kann.
    – RNA repliziert sich – Try & Error auf moleku­lar­er Ebene.
  5. Lipid-Blasen (Pro­to­cells)
    – Fettsäuren bilden spon­tan Mem­bra­nen in Wass­er.
    – Sie kapseln Reak­tio­nen ab – ein erster „Innen­raum“.
  6. Dis­si­pa­tive Struk­turen (Pri­gogine)
    – Energieflüsse (z. B. durch Sonne oder Hydrother­malquellen) treiben Sys­teme weg vom Gle­ichgewicht.
    – Ord­nung entste­ht ger­ade im ständi­gen Durch­fluss – nicht trotz, son­dern wegen des Chaos.
  7. Selek­tion und Sta­bil­isierung
    – Aus zahllosen Möglichkeit­en set­zen sich wenige durch, die sich selb­st erhal­ten und ver­mehren kön­nen.

Kurz gesagt:
Biolo­gen erk­lären Leben nicht als „plöt­zlichen Akt“, son­dern als Folge unendlich­er Iter­a­tio­nen von chemis­chen Prozessen, die irgend­wann einen sta­bilen Zyk­lus gebildet haben.

Die Frage, woher das Leben kam, ver­schiebt sich unendlich – beant­wortet wird nie der Ursprung, nur die näch­ste Bedin­gung.

Der Ansatz in der Tra­di­tion des Radikalen Kon­struk­tivis­mus “nach” dem let­zten Radikalen Kon­struk­tivis­ten Niklas Luh­mann sagt also:

  1. Leben ist nicht notwendig, son­dern kontin­gent.
  2. Es erscheint als momen­tane Ord­nung im Fluss der Entropie.
  3. Jede Erk­lärung kann nur Bin­nenbe­din­gun­gen benen­nen, nie den Ursprung selb­st.

Damit wird in der­sel­ben Logik wie die Biolo­gen geblieben – aber es geht einen Schritt weit­er: es nimmt ernst, dass die Frage nach dem „Vorher“ prinzip­iell unbeant­wort­bar bleibt.

Das macht den Ansatz der Radikalen Kon­struk­tivis­ten “nach Luh­mann” kon­sis­tent mit Natur­wis­senschaft, aber zugle­ich philosophisch radikaler.

(…)

(…)

(…)

Theorie war ja bloss Ersatz für Theologie

  1. Die alten Schöp­fungsnar­ra­tive (7 Tage, Gen­e­sis, Koran, Tho­ra …) waren nie natur­wis­senschaftliche Erk­lärun­gen, son­dern Märchen im besten Sinn: Bilder, um das Unbeze­ichn­bare zu beze­ich­nen.
  2. Gott, Allah, JHWH sind Namen für das, was sich dem Wis­sen entzieht – das Wis­sen vom Nichtwissen.
  3. Radikaler Kon­struk­tivis­mus ste­ht in dieser Tra­di­tion: er sagt nicht „woher“, son­dern markiert, dass alles Wis­sen kontin­gent bleibt.
  4. Nach Luh­mann lässt sich Leben selb­st so fassen: nicht als notwendig gegeben, son­dern als frag­ile, kontin­gente Form im Strom von Entropie und Dis­si­pa­tion.

Das verbindet The­olo­gie, Märchen und radikalen Kon­struk­tivis­mus – nicht als Konkur­renz, son­dern als ver­schiedene Sprachen für dieselbe Ein­sicht.

1. Am Anfang war nie der Anfang, sondern eine Interpunktion.

2. Gott ist der Name für das, was sich prinzipiell entzieht.

3. Leben ist keine Substanz, aber eine offene Form im Strom der Entropie.

4. Wissen weiss vom Nichtwissen – und darin liegt seine Wahrheit.

Wie Wis­senschaft Wis­sen schafft?
- die “harten Wis­senschaften” haben es präzis definiert. Lewis Wolpert ihr let­zter unglück­seliger Heuch­ler, portiert von Hans Mag­nus Enzens­berg­er, dem elen­den Ver­räter. (so?)

  1. Die harte Wis­senschaft löste die Schriftmed­i­ta­tion ab – mit Exper­i­ment und Mes­sung.
  2. Sie ent­larvte viele Macht­spiele, doch set­zte bald eigene Masken auf.
  3. Ihre Wahrheit wurde Meth­ode, ihre Macht wurde Insti­tu­tion.
  4. Am Ende kippte ihre Kri­tik auch bloss in Heuchelei. Genau das, was sie ihren Altvorderen vorge­wor­fen haben…

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Nächster Titel

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Nächster Titel

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Wie ich mit den Möglichkeiten von @openAI arbeite?

Links, Threads, zu verarbeitende Hinweise…

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Offene Blogeinträge, welche zu diesem Thema passen…

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Textsorte: (1) Traum, (2) Blitz, (3) Beken­nt­nis, (4) Memo, (5) Märchen, (6) Dra­ma, (7) Tabu
Arbeits­form: Doku­men­ta­tion, Lis­ten­bil­dung, Work in Progress
Anlass: (…)
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Ste­fan M. Sey­del, aka sms, aka sms2sms in «Zürcher Fest­spiel 1901″ (2019, Foto­cre­d­it: Charles Schny­der):  Twit­ter, Wikipedia (Lem­ma), Youtube (aktuell), Sound­cloud, Mastodon, Insta­gram (ges­per­rt), Snapchat, Tik­Tok, Twitch, t.me/WikiDienstag (Nicht in Betrieb) | Exk­lu­siv: speakerbooking.ch/sms2sms

About @sms2sms, aka Stefan M. Seydel/sms ;-)

Ste­fan M. Sey­del, Jahrgang 1965, ist Unternehmer, Sozialar­beit­er und Kün­stler. Er machte nach ein­er Beruf­slehre als Hochbauze­ich­n­er einen Bach­e­lor in Soziale Arbeit in St. Gallen und einen Mas­ter in der gle­ichen Diszi­plin bei Sil­via Staub-Bernasconi in Berlin. Seine über­wiegend selb­st­ständi­ge Tätigkeit kreist um das The­ma der Entwick­lung und Real­isierung von Pilot- und Impul­spro­jek­ten für renom­mierte Auf­tragge­berin­nen.

Als Kün­stler hat er Ausstel­lun­gen und Per­for­mances auf inter­na­tionaler Ebene präsen­tiert, darunter in der Roy­al Acad­e­my of Arts in Lon­don, dem Deutschen His­torischen Muse­um in Berlin oder ein­er Einze­lausstel­lung “Kun­st Macht Prob­leme” in der Cryp­ta Cabaret Voltaire, Birth­place of DADA in Zürich. Er wurde mit dem Migros Jubilée Award in der Kat­e­gorie Wis­sensver­mit­tlung aus­geze­ich­net und hat diverse Ehrun­gen durch Web­by Awards für seine Arbeit mit rocketboom.com erhal­ten.

Ste­fan war Jury-Mit­glied des Next Idea Prix Ars Elec­tron­i­ca 2010 und war drei Jahre Mit­glied der Schulleitung des Gym­na­si­ums Kloster Dis­en­tis. Sein Wis­sen und seine Erfahrung im Bere­ich der Infor­ma­tion und Tech­nolo­gie haben ihm auch dabei geholfen, mit Sta­tis­tik Stadt Zürich und Wiki­me­dia Schweiz unter WikiDienstag.ch zusam­men­zuar­beit­en.

Sein Engage­ment im Bere­ich der frei­willi­gen Arbeit führte ihn in das Prä­sid­i­um Inter­na­tionaler Bodensee Club (Leitung Fach­gruppe Wis­senschaft) oder für einige andere Jahre als Vice-Präsi­dent des von Paul Wat­zlaw­ick ini­ti­ierten P.E.N.-Club Liecht­en­stein. Sey­del hat unter ((( rebell.tv ))) zwei Büch­er zusam­men mit sein­er Part­ner­in Tina Piazzi veröf­fentlicht, viele Kolum­nen, Fach­texte und jour­nal­is­tis­che Texte pub­liziert.

Seine Arbeit auf Social Media nutzt er als Microblog­ging. In seinem Blog ver­ar­beit­et er seine The­men. Einige davon wer­den auf Anfra­gen zu les­baren Tex­ten ver­tieft, andere wer­den zu Vorträ­gen aus­ge­baut. Bei Carl Auer Ver­lag in Hei­del­berg, sam­melt er “Ele­mente ein­er näch­sten Kul­tur­form”. Seine Entwick­lun­gen im Kon­text der sozial­räum­lichen Inter­ven­tion (“Arbeit am Sozialen”) machen konkrete Vorschläge in Bezug auf die Beant­wor­tung der Sozialen Frage.

Nach 12 Jahren Berlin und 6 Jahren Zürich zog er aber in sein­er zweit­en Leben­shälfte vom Bodensee der Rhein­quelle ent­ge­gen nach Dissentis/Mustér und hat seine Reisetätigkeit fast ganz eingestellt. Dafür macht er umsomehr soge­nan­nte Pas­sadis und #Feed­logs (Orgiastik). Das sind Arbeitsmeet­ings an inten­tionalen Fra­gen in einem Lifestream. (so?) Text sup­port­ed by #TaaS

Aus Band 2 von: Tina Piazzi & Ste­fan M. Sey­del, Junius-Ver­lag Ham­burg | pdf: Band 1, 2009 | Band 2, 2010

#dfdu = DIE FORM DER UNRUHE | blog: dissent.is | about: dissent.is/sms | dissent.is/muster

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